Zwei
Mönche von
Marco.
Besonders deutlich sehen wir dies bei einem Blick auf die Passionsscenen,
wie diese Fiesole z. B. in der Folge von 35 Bildern aus dem Leben
Christi erfasste, welche er wohl noch in Fiesole malte als Schmuck des
Schreines für die Silbergefässe in der S. Anunziata, die sich jetzt in der
Akademie befinden. Mehr als andere Arbeiten Fiesole's sind sie noch in
der Tradition Giottos befangen, aber doch spricht sich hier seine Per-
sönlichkeit besonders in dem leidenden Christus sehr klar aus. Als Judas
sich zum Verrätherkusse an den Herrn schmiegt. durchzuckt stiller Schmerz
dessen Antlitz; ruhig, Gott ergeben ist seine Haltung bei der Gefangen-
nahme, mit hoheitsvoller Würde tritt er vor Pilatus, und unvergleichlicher
Adel liegt in Haltung und Ausdruck Christi, wie er vor dem Volke
entkleidet wird. Am bedeutendsten aber spricht diese Auffassung aus
der grossen Kreuzabnahme, die Fiesole für S. Trinitä in Florenz malte
und die jetzt gleichfalls in der Akademie. Christus ist hier das Bild des
sanften, versöhnenden Todes, er ist in Frieden entschlummert; leise
nehmen die Freunde den Leichnam vom Kreuze, fast als fürchteten sie
einen Schlummernden zu wecken; von Wehmuth und stiller Trauer sind
die Anwesenden ergriffen. Gerade bei dieser Scene, die Anderenden
Anlass zur Darstellung des leidenschaftlichen Schmerzes bot, ist diese
Auffassung so bezeichnend für Fiesole's kindliches Gemüth, dem heftige
Leidenschaft fremd war, der nur tiefe Betrübniss, stillen Schmerz und
Thränen kennt. Die heftigen Kämpfe scheinen ihm erspart geblieben zu
sein, er lebte mit sich und seinem Gott in Frieden; gerade dadurch aber
übt er einen so grossen Reiz auf ringende, leidenschaftliche Naturen, er
erinnert sie an das unbewusste Glück und den Frieden der Kindheit, die
sie verloren, um sie nie wieder zu gewinnen; es erklärt sich dadurch, dass
auch einen Mann wie Savonarola F iesole's Kunst besonders anzog.
Am meisten kommen Fiesoles Wesen natürlich die Scenen aus dem
Marienleben entgegen, und die Darstellungen derselben in den Zellen von
S. Marco gehören zu seinen poesievollsten Werken. So vor Allem die
Verkündigung, die er oft behandelt und für die ich neben dem berühmten
grösseren Bilde auf dem Gange besonders auf das der dritten Zelle hin-
weisen möchte, wo Maria, die Hände über der Brust faltend, demuthsvoll
vor dem Engel kniet; dann die schöne Krönung Mariä (Zelle 9), von
hohem Adel der Formen, zumal in den auch durch die schönen, einfachen
Motive, den freien, natürlichen Fluss ihres Gewandes bewundernswerthen
Hauptfiguren Christi und der Maria, die sich vor ihm neigt und der er
die Krone auf das Haupt setzt. Zu den anziehendsten Bildern gehören
hier ferner die Marien am Grabe des Auferstandenen in Zelle 8 und die
Anbetung der Könige in Zelle 39, die sich Cosimo einrichten liess und
in der er mit Antonin und Fiesole verkehrt haben soll. Das Abendmahl
(Zelle 35) malte der Künstler nicht als Mahlzeit, sondern als feierliche,