VIII
Vorwort.
welche sie oft bis in weite Ferne gespendet. Gerade für den Zusammen-
hang der Thatsaehen, der dem Historiker doch stets als Hauptziel vor-
schwebt, wird unter diesen Gesichtspunkten die Lokalforschung die wich-
tigsten Aufschlüsse geben und uns dazu verhelfen, ein klares Bild vom
Kunstleben der Vergangenheit zu gewinnen.
Durch den Stoff bedingt überwiegt bei diesen Aufsätzen das histo-
rische Interesse, während bei den folgenden das künstlerische in den
Vordergrund tritt. Hatte ich für das Mittelalter durch die Gegenüber-
stellung zweier bedeutender Lokalschulen den Gegensatz und die Verbindung
zwischen deutscher und italienischer Kunst darzulegen versucht, so griff
ich für die Zeit von der Frührenaissance bis zum 17. Jahrhundert zu
einzelnen Biographieen, womit ich zu dem weiteren Probleme geführt
wurde, die Kunst durch den Charakter des Künstlers zu erklären, dem
sie ja ihre feinsten Schattirungen verdankt, der aber doch stets in dem
grossen Zusammenhang der Entwicklung seiner Zeit, des Charakters der
Kunst seines Landes steht; ich versuchte hier ferner auf einige Probleme
der künstlerischen Entwicklung, die mir von besonderem Interesse schienen,
näher einzugehen, wie auf die Bedeutung der Wahl des Stoffes, den der
Künstler aufgreift, die persönliche Auffassung desselben und die V er-
änderung in der Darstellung, wie sie sich beispielsweise hochbedeutsam
in der bisher noch wenig beachteten Geschichte der Komposition ausspricht.
Fiesole und Fra Bartolommeo, die beiden Mönche von S. Marco, ver-
treten den Beginn der Früh- und Hochrenaissance in Toscana, ihnen steht
der Venezianer Giovanni Bellini als Kolorist der Frührenaissance gegen-
über. Dürer's gedankenreiche und gemüthvolle Kunst fürs Haus sucht
die eigensten Vorzüge deutscher Kunst jener Zeit im Gegensatz zur
italienischen zu charakterisiren, deren Grösse sich am mächtigsten in der
gewaltigen Erscheinung Michelangelds offenbart. Teniers und Brouwer
sind Beispiele des für die nordische Kunst, speciell für die Niederländer
so charakteristischen Sittenbildes und des nordischen Humors; sie deuten
zugleich den Gegensatz zwischen vlamischer und holländischer Kunst an,
während zum Schlüsse der grosse Rubens als Künstler des 17. Jahrhunderts
denen des 16. jahrhunderts gegenübergestellt wird, und zeigen soll,
wie die nordische Kunst an der italienischen gelernt, um grosse, neue Ziele
aufzugreifen.
München
1391
Berthold
Riehl.