Mönche von
Zwei
Marco.
Cavalcaselle 1) den Einfluss des Masolino wahrscheinlich zu machen ver-
sucht. Die bedeutendsten künstlerischen Anregungen aber empfing er
wohl durch Orcagna, dessen Natur unter den Meistern des I4. Jahr-
hunderts der seinen entschieden am congenialsten war.
Die Anhaltspunkte für die Datirung der Werke F iesoles sind spärlich
und es erscheint nicht möglich, die Entwicklung des Meisters im Einzelnen
klar zu legen. Obwohl wir dies in manchen Fällen bedauern, weil es uns
hindert, den stetigen Fortschritt des Meisters zu erkennen, den einzelne
Werke klar zeigen, so können wir uns hierüber doch eher trösten wie bei
anderen Künstlern, denn in Folge seines Lebens und Charakters waren
bei ihm bedeutende Stilwandlungen ausgeschlossen; obgleich er sich nicht
gegen die grossen Fortschritte der Florentiner Kunst seiner Zeit abschliesst;
innerhalb der Schranken, die ihm von vorne herein gezogen, sucht er sich
zu vervollkommnen, schon sein Schönheitssinn musste ihn dazu anregen,
fortzuschreiten in der Kunst. Eine consequente Aufnahme aber etwa der
Kunst des Masaccio war für Fiesole unmöglich, wollte er doch etwas
ganz Anderes als jener; Masaccio strebt darnach, die historischen Ereig-
nisse voll und ganz in der Wirklichkeit zu schildern, Fiesole aber giebt
eine Traumwelt selbst in seinen historischen Bildern.
Man hat sich wegen dieses conservativen Zuges, der so ganz durch
den Charakter Fiesoles bedingt ist, gewöhnt, ihn als den Meister des
14. Jahrhunderts im I5. darzustellen; ja, Kugler bespricht ihn sogar noch
schlechtweg unter den Künstlern gothischen Stiles. Ich halte dies keines-
Wegs für richtig, trotz der Gegensätze zu dem epochemachenden Masaccio;
trotz denen gegenüber einem Künstler, wie etwa Filippo Lippi, halte ich
Fiesole für einen vollen Meister des I 5. Jahrhunderts. Wie gross sind
seine Fortschritte in Form, Bewegung und Komposition gegenüber dem
I4. Jahrhundert, z. B. gegen Orcagna, mit dem ja die Parallele am
nächsten liegt, oder etwa gegenüber Vdem jüngsten Gericht auf dem
campo santo in Pisa; wie bedeutend ist der Einfluss, den Fiesole eben
dadurch, dass er eine selbständige, der des Masaccio entgegengesetzte
Kunstrichtung vertrat, mit seinem zarten Empfinden, seiner anmuthvollen
Schönheit auf die ganze F lorentiner Kunst des I5. Jahrhunderts gewann;
er ist ein nothwendiges Glied in derselben, nicht nur eine anziehende
Episode oder eine feine Nachblüthe der Kunst des vorangegangenen Jahr-
hunderts. Wenn wir uns aber schliesslich Fiesoles Persönlichkeit und sein
ganzes künstlerisches Schaffen im einheitlichen Bilde vergegenwärtigen,
so erscheint er in seiner stillen, frommen Weise nicht minder als eine
1) Crowe und Cavalcaselle:
135 u. ff.
der italienischen Malerei.
Geschichte
Deutsch von Jordan.