Verona.
deutschen Plastik des I4. Jahrhunderts in den angrenzenden Gegenden, so
namentlich in der bayerischen Schule, hinter der Veroneser Plastik nicht
zurückstehen, ja in Durchbildung der Figur, besonders aber des Kopfes,
ihr häufig sogar entschieden überlegen sind; die Grabsteine im Dorn zu
Trient, dessen Architektur doch entschieden zur oberitalienischen gerechnet
werden muss, zeigen zwar starke Einflüsse italienischer Kunst, besitzen
aber doch im Grossen und Ganzen noch deutschen Charakter. Dass aber
die ganze Tyroler Marmorplastik in sehr inniger Beziehung zur 0beritalie-
nischen Kunst steht, kann, wie ich glaube, wohl kaum bezweifelt werden
und ebenso wenig, dass mit dieser die bedeutende Grabplastik der Inn-
gegend und wohl auch die sehr beachtenswerthe Münchner Grabplastik
des I 5. Jahrhunderts in Verbindung steht. Diese Einflüsse im Einzelnen
zu verfolgen, das specielle Verdienst Verona's hiebei festzustellen, muss
zunächst noch weiteren Studien," vor Allein an der Brennerstrasse vor-
behalten bleiben, die so interessant für den Zusammenhang deutscher und
italienischer Kunst.
Mit der Unterwerfung Verona's unter Venedig war die selbständige
politische Macht der Stadt gebrochen. In der Kunst behauptet Verona
zwar noch eine Zeit lang seine Stellung, dann aber tritt es auch hier
zurück, und in der Frührenaissance, die für die Plastik aus Padua, dessen
Kunstleben nach dieser Seite hin wesentlich von Florenz genährt wurde,
für die Architektur und Dekoration wohl vor Allem von Mailand aus
Eingang fand, entfaltet sich zwar noch immer ein reiches künstlerisches
Leben in Verona, aber ein so wichtiges, ganz Selbständiges Centrum wie
für die mittelalterliche Kunst, ein Ort von so weitgreifender historischer
Bedeutung ist Verona nicht mehr.
Erst im I6. Jahrhundert gewinnt die Veroneser Kunst wieder eine
grosse, selbständige Blüthe; Paolo Veronese und Sanmichele sind ächt
veronesische Künstler. Aber für das Studium Veroneses haben wir hier
doch nur den Boden, aus dem er erwachsen, die Jugendwerke und Ver-
einzeltes aus späterer Zeit; seine eigentliche Bedeutung dagegen lernen
wir nicht hier, sondern in Venedig kennen, in dem und für das er sein
Bedeutendstes geschaffen. Das Studium der Kunst in Verona weist uns
so zwar wiederholt auf den grössten Maler, den die Stadt hervorgebracht,
aber wir gewinnen hier weder ein Bild seiner Bedeutung, noch besitzt die
Stadt Werke seiner Hand, die man als maassgebende Züge in dem künst-
lerischen Gesammtbilde derselben bezeichnen könnte. Sanmichele aber
trug, worauf ich oben hindeutete, durch seine und seiner Schule Bauten
wesentlich dazu bei, Verona den Charakter, der ihm heute noch eigen,
aufzuprägen; aber bei ihm tritt uns, ähnlich wie bei Palladids Thätigkeit
in Vicenza mehr die Macht der einzelnen Person entgegen; jene Stellung
der Stadt aber wie im Mittelalter, wo Verona das Centrum einer reichen