Verona
vor dem Volke stehen, und sind dadurch gleich bezeichnend für das
Streben der italienischen Kunst nach dem Monumentalen, wie für das
Leben des Italieners und seiner Kunst in der Oeffentlichkeit. In erster
Linie sind die Monumente architektonische Denkmale, und dies erinnert
an die Herrschaft, welche die Architektur während der zweiten Hälfte des
Mittelalters im Norden ausgeübt, wo sie entschieden die Spitze des künst-
lerischen Lebens bildet, Plastik und Malerei sich zwar bedeutsam weiter
entwickeln, auch allmählich in ein freieres Verhältniss zur Architektur
treten, sich ganz aus ihrem Dienste aber doch erst mit dem Schlusse des
Mittelalters zu befreien vermögen. Der Einfluss nordischer, speciell
deutscher Kunst lässt sich bei den Skaligergräbern auch wohl kaum ganz
in Abrede stellen, und spricht ebensowohl aus dem phantastischen, thurm-
artigen Aufbau der Hauptdenkmale, wie aus manchen Details, so z. B.
aus den Krabben an der Pyramide des Can grande-Denkmals, aber es
sind nur allgemeine, völlig frei verarbeitete Anregungen; der ganze Auf-
bau ist ebenso originell und acht italienisch wie das gesammte Detail 1).
In erster Linie sind die Skaligergräber entschieden architektonische
Denkmale, die zahlreichen Figuren erscheinen zunächst als Schmuck, theil-
weise geradezu als Glieder der Architektur, die Statuen auf den Pfeilern
der Umfassung bilden, ebenso wie die Reiterfiguren auf der Spitze der
drei Hauptmonumente, deren dekorativen Abschluss. Das Bildniss des
Verstorbenen, der auf dem Sarkophage liegt, können wir von unten nicht
genau betrachten; der Sarkophag, aber nicht die auf ihm liegende Gestalt,
bildet den künstlerischen Mittelpunkt.
Die dekorative Verwerthung der Plastik erscheint der deutschen Kunst
verwandt, im entschiedenen Gegensatz steht sie zur Grabplastik Toskana's,
die umgekehrt von den Figuren, und zwar zunächst von der des Ver-
storbenen, ausging und wo dadurch bereits seit dem Ende des I3. jahr-
hunderts die Plastik eine viel freiere Stellung gewinnt, eine weit bessere
Beherrschung der Form als in Oberitalien.
Dies zeigt z. B. deutlich ein Blick auf eines der ältesten, künstlerisch
bedeutenden Grabdenkmale der toskanischen Schule, nämlich auf das Denk-
mal des Cardinals de Braye (gestorben 1280) von Arnolfo di Cambio in
S. Domenico in Orvieto. Der Verstorbene liegt hier auf dem Paradebette,
dessen Vorhang zwei Engel zurückschlagen, in einer Nische darüber thront
die Madonna mit dem Kinde, in einer Seitennische links kniet der Cardinal,
neben dem Petrus steht, Während in der rechten Seitennische der heilige
Dominicus. Das künstlerische Interesse ruht hier ausschliesslich auf dem
1) Interessant ist, dass selbst bei so rein gothischen Denkmalen wie dem des Can
Signorio (vor 1375 gefertigt) doch einzelne Renaissancemotive vorkommen, die hier neben
dem Nachwirken der Antike in der Veroneser Kunst wohl auch bereits auf EinHüsse aus
Toskana deuten.