man die Beine des Schwimmers nicht gut, und je weiter er
von dem Beschauer entfernt ist, desto mehr sind nur die oberen
Theile des Körpers sichtbar. Indem die Künstler in der Dar-
stellung diesen Umständen Rechnung trugen, liessen sie erst die
Füsse, dann die ganzen Beine, dann auch den Unterleib, end-
lich auch den Oberkörper an ihren Figuren hinweg, und so sei
jene Reihe von Engelsgestalten entstanden, deren letztes Glied
das Engelsköpfchen mit zwei Flügeln ist von einem in der
Ferne schwimmenden Menschen sieht man auch nur den Kopf.
Der Körper derjenigen, die überhaupt noch etwas von dem-
selben behalten haben, läuft theils in die Himmelsglorie, theils
in faltenreiche, aber leere Gewandungen aus. (Ich habe es wohl
nicht nöthig, für jede der einzelnen Stufen Beispiele anzuführen,
sie sind in der italienischen Schule häufig, kommen aber auch
bei Nordländern vor1).
Ein Darwinianer würde eine andere Erklärung geben. Er
würde in dieser Reihenfolge von verkümmerten Mexischenkörpern
eine Bestätigung des Gesetzes sehen, dass unbenützte Organe
allmählig zu Grunde gehen. Die Engel hätten von unten
nach oben allmählig ihre Körper verloren, wie der Maulwurf
sein Auge bis auf ein Rudiment eingebüsst hat, weil sie keine
Füsse, auch keine Beine u. s. W. brauchten, weil sie mit Kopf
und Flügel ihrem Zwecke als fliegende Intelligenzen genügen
konnten.
Gehen wir zur dritten Gruppe unserer Gestalten über.
Die zuletzt besprochenen stellen wir uns im Allgemeinen
so vor, als würden sie sich in einem sachte dahingleitenden
Strome befinden, als würden sie von diesem getragen, hätten
vielleicht durch ihren Willen einen Einfluss auf die Richtung
dieses Stromes. In der That ist häufig durch ein Flattern
oder Aufblähen des Gewandes angedeutet, dass dem Künstler
ähnliche Vorstellungen vorschwebten. Bei den Figuren, die wir
jetzt zu besprechen haben, ist es anders. Hier scheint sich der
Körper durch eine ihm selbst entspringende Kraft zu bewegen.
Man könnte geneigt sein, als Beispiel dieser Bewegungs-
form den aus dem Grabe aufsteigenden Christus einzuführen.
bei
V81]
Rog.
der
Weyden.
Belvedcre
Wien.