Es kommt olTenbar nur das Erinnerungsbild an jenen leichten
VogelHug in Betracht, welcher selbst schon die Eigenthümlich-
keit hat, dass er uns im Momente, da wir ihn beobachten, die
normale Schwere des Vogels vergessen lässt. In der That, wer
je einen solchen aus der Luft heruntergeschossen hat, wird sich
gewiss wenigstens bei den ersten Malen über das über-
raschend plumpe Aufschlagen des Körpers auf den Boden ge-
wundert haben. Es ist als hätte derselbe die Schwere der todten
Masse erst durch die Tödtung erhalten. Mit anderen Worten:
Wir stellen uns einen graziös hinziehenden Vogel leichter vor,
als er wirklich ist. Es ist schwer zu sagen, wie viel diese Vor-
stellung vom fliegenden Vogel in uns zu wirken vermag, das
aber ist sicher, dass dieselbe uns bei der gänzlichen Unähnlich-
keit des Vogelkörpers mit dem Menschenkörper keinen Anhalts-
punkt für gewisse Stellungen des letzteren und vor Allem für
die Bewegungen und Stellungen der menschlichen Extremitäten
liefert.
Der Typus dieser stark geneigten schwebenden Gestalten
scheint mir noch auf Erinnerungsbildern ganz anderer Art zu
beruhen, und zwar dürften diese nicht die untergeordnetste
Rolle spielen. Ich meine unsere Erinnerungsbilder an das
Schwimmen. Was als ein Schweben gemalt wird, ist häufig
nichts als ein Schwimmen mit einigen Moditicationen. Diese
Anschauung mag auf den ersten Blick barock erscheinen, und
doch dürfte sie das Richtige treffen.
In der That ist der menschliche Körper im Wasser ganz
oder nahezu schwerlos, das Schwimmen ist ein Schweben im
Wasser, und der menschliche Körper liefert uns einzig und
allein dann ein Bild des Schwebens, wenn er im Wasser ist.
Ich habe bisweilen den schönen Traum, zu Hiegen. Dieses
Fliegen ist aber der Empfindung nach nichts als ein Schwimmen
in der Luft, von dem gewöhnlichen Schwimmen nur dadurch
unterschieden, dass ich mich bequem heben und sinken lassen
kann, ja, ich mache im Traume sogar ähnliche Tempi, wie
beim Schwimmen. Ich führe dies hier an, um zu zeigen, wie
eng unsere Gedächtnissbilder vom Schwimmen mit den Vor-
stellungen des Fliegens und Schwebens verknüpft sind. Und
darauf kommt es hier an. Denn der Künstler erreicht seinen