tanzend u. s. w. Selbst von einer so wunderbaren Figur, wie
die des RaphaePschen Engels aus dem Heliodorl) gilt dies; er
scheint, freilich in etwas eigenthümlicher Weise, zu laufen, so-
bald man das eine Bein den Boden berühren lässt. Ein grosser
Theil derihieher gehörigen Gestalten prätendirt auch gar nicht,
den Eindruck des Schwebens zu machen.
Von diesen führt eine Reihe continuirlicher Uebergänge zu
den wahrhaft schwebenden menschlichen Körpern. Ich meine
jene unzähligen Göttergestalten aus mythologischen, Engel und
Heilige aus kirchlichen Bildwerken, die schon dadurch, dass
sie nicht mehr aufrecht gebildet sind, den Charakter der ge-
wöhnlichen Locomotionsformen, als Gehen, Tanzen etc., ab-
gestreift haben, die sich in der Luft, im Aether, als ihrem wahren
Elemente, zu wiegen und durch räthselhafte Kräfte zu bewegen
scheinen.
Der Schlüssel zum psychologischen Verständnisse dieser Ge-
stalten liegt wohl zum Theile in unseren Gedächtnissbildern
an springende und laufende Gestalten. Ich erinnere in ersterer
Beziehung an die zum Drachen herabschwebende Figur, welche
Pierro di Cosimo in seiner Geschichte des Perseus liefert (eine
alte Copie des betreffenden von den vier Bildern, aus welchen
diese Geschichte besteht, befindet sich im Wiener Belvedere), und
in letzterer an manches pompejanische Wandgemälde oder an den
eben genannten Engel in RaphaeYs Heliodor. Es kennzeichnet der
Künstler nämlich die Richtung, nach welcher sich eine schwe-
bende Gestalt hinbewegt dadurch, dass er den Oberkörper nach
dieser hin vorneigt. Dieselbe Neigung aber hat der menschliche
Körper eben auch im Laufen. Ferner erinnern gewisse schwe-
bende Gestalten der Kunst geradezu an abstürzende menschliche
Körper, und es ist von Interesse, zu beachten, wodurch sich
derartige Darstellungen von den Darstellungen wirklich herab-
stürzender Körper, z. B. aus dem jüngsten Gericht Michel-
angelds unterscheiden.
Zu einem anderen Theile spielt wohl auch das Erinnerungs-
bild an den Hiegenden Vogel eine Rolle bei unserem Verständ-
niss für diese Gestalten. Doch ist hier Folgendes zu bemerken:
den
Stanzen
des
Vaticans.