zu meisseln hat, um eine gewisse Anzahl von Kilo leichter ist,
als es der Wirklichkeit entspricht, so hat er demselben dadurch
in der That die Fähigkeit des Schwebens ertheilt; wie er die-
selbe malerisch zum Ausdrucke bringt, mag vorläufig uner-
örtert bleiben. Zu demselben Resultate würde er gelangen,
wenn er sich die Luft um ebensoviel schwerer dächte, dem
menschlichen Körper aber sein natürliches Gewicht liesse. Auch
unter diesen Umständen würde letzterer schweben, da es sich
immer nur um Gleichheit des specifischen Gewichtes mit dem
umgebenden Medium handelt.
Diese Voraussetzung führt uns den wirklichen künstlerischen
Darstellungen viel näher, als es die Vorstellung vom Flug-
vermögen zu thun im Stande war, doch führt sie uns
immer noch nicht zum Ziele, denn Gestalten, welche unser
Künstler unter dieser Voraussetzung und nur unter dieser allein
consequent seiner naturalistischen Richtung schaffen würde, wären
für uns unverständlich, wären unschön, und wären in ihrem
Gebahren von dem, was wir zu sehen gewohnt sind, immer noch
wesentlich unterschieden. Denn für Gestalten, die keine Schwere
haben, gibt es kein Oben und Unten. Alle künstlerischen Mo-
tive, alle Stellungen und Gruppirungen, die aus der Vorstellung
der Richtung im Raume entspringen, würden der Darstellung
entfallen. Eine schwebende Figur hätte keinen Anspruch, mit
den Beinen unten und dem Kopfe oben dargestellt zu werden,
die umgekehrte Stellung wäre ihr genau ebenso bequem. Eine
nach aufwärts schwebende Gruppe wäre ein Unding, von an-
dächtig aufblickenden Augen könnte keine Rede mehr sein u.s. w.
Nur wo in einem Kunstwerke vereint schwerlose Gestalten
und als schwer gedachte Objecte vorkommen, da könnten letztere
eine Art Centrum und eine Richtschnur für die Action der
ersteren abgeben.
Gewisse Motive, die der genannten Zusammenstellung ent-
nommen sind, würden durch die Voraussetzung der Schwerlosig-
keit auch unmöglich. Ich erinnere an Engel und Heilige, welche sich
sichtlich bemühen, einen als schwer gedachten Gegenstand, z. B.
das Kreuz, durch die Lüfte zu tragen, oder um ein concretes
Beispiel anzuführen, an die beiden bronzenen Engel, welche
frei in der Luft schwebend über dem Haupte von Michelangelds