zur Bewegung der Knochen auch Muskeln da sein. Stellen wir
uns vor, die Gestalt, die unser Künstler construirt, solle ein
Flugvermögen haben, nur so gut, oder besser so schlecht, wie
ein Sperling. Sehr graziös würden dadurch ihre Bewegungen
in der Luft noch nicht werden. Bei einem solchen verhält sich
das Gewicht der Flugmuskeln zum Gewichte des übrigen Kör-
pers ungefähr wie 1:6. Nehmen wir als Gewicht des darge-
stellten Körpers 60 Kilo an, so ergibt sich, dass zu den Muskeln,
die er bereits hat, noch IO Kilo hinzukommen müssen. Die
meisten derselben sind in der Brustgegend unterzubringen. Ein
riesiger Buckel, dessen Dimensionen Alles übersteigen, was wir
je von solchen gesehen haben, der überdies vorne sitzt, wäre
das Resultat. Die Flügel selbst müssten eine entsprechende Aus-
dehnung haben, also die Länge des Körpers weit übertreffen.
Unser Künstler hätte so zwar ein Etwas construirt, das fliegen
könnte, aber einer menschlichen Gestalt nicht mehr ähnlich
wäre. Es wäre ein Monstrum, etwa aus der Werkstatt eines
Höllen-Breughel, aber keine jener anmuthigen Gestalten, wie
sie uns die Antike, die Renaissance und nicht minder, die
moderne Kunst vorführt. Die bildliche Darstellung einer mensch-
lichen Figur, welche das Vermögen des Fliegens wirklich be-
sässe, ist also unmöglich.
Unser realistischer Künstler würde sich demnach begnügen,
schwebende Figuren darzustellen. Sehen wir, ob es ihm gelingen
wird, hier das zu erreichen, was ihm bei den Hiegenden nicht
gelungen, nämlich dieselben so darzustellen, wie sie erscheinen
müssten, wenn es solche schwebende menschliche Körper gäbe.
Im Gegensatze zum Fliegen, nennen wir ein Object schwe-
bend, wenn es sich ohne eigene Kraftleistung frei und ver-
hältnissmässig ruhig in der Luft erhält. So sagen wir von einem
Vogel, dessen Kraftleistungen wir an den Flügelschlägen er-
kennen, er Biege, eine Seifenblase aber, oder ein Federchen
nennen wir schwebend.
Eine menschliche Gestalt könnte schweben, wenn sie
"schwerlos" Wäre, oder physikalisch correcter ausgedrückt,
wenn sie das Gewicht hätte, welches ein dem ihren gleiches
Volumen Luft besitzt. Macht also der Künstler die Voraus-
setzung, dass der menschliche Körper, den er zu malen oder