LEBENDE
BILDER.
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kann, ist nicht zu bezweifeln: dann ist er aber kein
Illustrator mehr und überschreitet die ihm gestellte Auf-
gabe einer Texterläuterung. A. von Werner ist aber in
den beiden Illustrationen iijung Werner beim Schwtarzxtväl-
der Pfarrhetrnu und iiWie jung Werner beim Freiherrn
Trompeter warda nicht über seine Aufgabe hinausgegangen,
und ihre Wahl als Gegenstand selbständig auftretender
lebender Bilder war daher eine unglückliche. ja, wenn
noch die Mitteilung des Textes damit verbunden gewesen
wäre! Da sitzt aber bei dem still zuhörenden Pfarrherrn
Jung Werner mit der Handgeberde des seine Worte mit
Gestikulationen begleitenden Erzählers; wir lauschen und
lauschen und hören nichts. Im Buche lesen wir was er
spricht: der Text illustriert die Zeichnung, die Zeichnung
den Text. Noch schlimmer ist es im zweiten Falle. Wir
erwarten zu sehen, wie Jung Werner beim Freiherrn
Trompeter ward, und sehen, wie des Freiherrn Töchter-
lein dem Trompeter ein Glas Wein reicht, das er ihr ab-
zunehmen im Begriif stellt in Verbindung mit dem
Texte allerliebst, ohne den Text, zumal mit dieser Ueber-
schrift, unvollständig, ja geradezu unverständlich und darum
der Wirkung entbehrend. Hier war also zwar die künst-
lerische Verarbeitung, welche die ästhetische Auffassung
vorbereitet und rasch und sicher ermöglicht, von Seiten
des Künstlers innerhalb der ihm gestellten Grenzen durch-
geführt, diese Grenzen selbst aber sind nicht bis zur
Möglichkeit einer selbständigen Existenz erweitert. Nicht
der Künstler hat gefehlt: nur die Verwendung seiner
Schöpfung in einem ihrem Zwecke widersprechenden
Sinne war verfehlt.
Die nächste Stufe zeigte uns ein Porträt. In der Ent-
wickelung der Bildkunst nimmt das Porträt eine eigentüm-
liche Stellung ein: es bildet die Brücke von der Idealität
der Formen, wie sie sich aus der dem Subjekte entspringenden
Gesetzmäßigkeit ergiebt, zur Naturwahrheit, und zwar tritt
hier das eigentümliche Verhältnis hervor, daß streng sich
geltend machende Idealität und frappante, ia bis zum Pein-
lichen getriebene Naturwahrheit neben einander hergehen,
zugleich ein Beweis dafür, daß die streng stilisierten Dar-