Volltext: Über Kunst, Künstler und Kunstwerke

KUNST, SYMBOLIK UND ALLEGORIE. jj 
 
sachlich ein hochbegabter Künstler mit der allegorischen 
Darstellung erreichen kann, zeigt der Triumph des Todes 
im Camposanto zu Pisa mit seiner die Vernichtung 
bringenden Marie, einer Gestalt von einer Großartigkeit, 
-die ihresgleichen sucht. Hier war aber auch dem Künstler 
innerhalb eines bestimmten Gedankenkreises freier Spiel- 
raum gelassen. Wo das nicht der Fall ist, wo dem 
Künstler die allegorische Fassung bereits fertig gegeben 
wurde und ihm statt eigener Erfindung und Dichtung 
nur die technische Ausführung außer der Komposition und 
manchen Einzelzügen verblieb, da konnte selbst ein Giotto 
in den Fresken der Unterkirche von Assisi bei der Dar- 
stellung der drei Gelübde keine Schöpfung von hinreißender 
Gewalt zustande bringen, und geringere Künstler bleiben in 
den beiden Seitenbildern der Capella degli Spagnuoli, den 
T riumph des heiligen Thomas von Aquino und die strei- 
tende und die triumphierende Kirche darstellend, noch 
enger in dem Banne der Vorschrift stehen. Aber ein 
Rafael vermag dem YVirken der sieben freien Künste in 
der nSchule von Athene, der streitenden und der trium- 
phierenden Kirche in der Disputa, trotz der Vorschriften 
und der Überlieferungen, alles Hennnende, Unkünstlerische 
zu nehmen und aus ihnen, im Vereine mit dem Walten 
der Poesie und der Darstellung des weltlichen und des 
göttlichen Rechtes, die Grundsiiulen des vom göttlichen 
Geiste ergriffenen menschlichen Ringens und Strebens 
über das Irdische hinaus zu schaffen, und wenn er sie 
an der Decke der Stanza della Segnatura in den vier alle- 
gorischen Figuren widerspiegelt, so muß jeder Zweifel 
an der Berechtigung der Allegorie verstummen. Dabei 
finden wir in der Disputa neben den historischen Figuren 
rein typische Gestalten in den Nebenpersonen, symbolische 
in Gott Vater, den Engeln und den Cherubiln, eine alle- 
gorische in der Taube. Abraham, Moses, David haben in 
Messer, Gesetzestafeln und Leier historische Attribute, Gott 
Vater in der Weltkugel, Laurentius im Flannnenornaniente 
Seines Gewandes ein symbolisches, Petrus in dem Schlüssel 
ein allegorisches Attribut, und dennoch ist diese Zusammen- 
stellung nichts Ungehöriges: alles hat seinen gemein-
	        
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