Volltext: Über Kunst, Künstler und Kunstwerke

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KUNST, SYMBOLIK UND ALLEGORIE. 
Täufer johannes neben den als Kind von seiner Mutter 
gehaltenen kleinen Christus. Es entstehen jene Same can- 
"uersagioni, Welche die Heiligen aller Zeiten und Gegenden 
in idealen Zusammenhang mit dem Erlöser bringen, ja 
sogar dann, wenn dieser in einem historischen Augenblick, 
w'ie es der der Kreuzigung mitten zwischen den beiden 
Schächern ist, aufgefaßt wird: so hat es Fiesole in dem 
berühmten Freskobilde des Kapitelsaales von S. Marco ge- 
than, indem er zu den Angehörigen Christi die Heiligen 
Cosmas, Damianus, Laurentitis, Markus, Johannes den 
Täufer, Dominikus, Ambrosius, Augustinus, Hieronyanus, 
Franziskus, Benediktus, Bernhard, Bernardino von Siena, 
Romuald, Petrus Martyr und Thomas von Aquino fügte. 
nEs ist eine schmerzliche Klage der ganzen Kirche, welche 
hier in ihren großen Lehrern und Ordensstiftern am Fuße 
des Kreuzes versammelt isttt (Burckhardt, Cicerone II, 2, 
S. 567.): die historischen Personen haben symbolische Be- 
deutung gewonnen, ohne die individuelle Kraft oder die 
Fähigkeit durch die Art der Darstellung als ästhetisches 
Ganzes zu wirken einzubüßen: nSo lange es eine Malerei 
giebt, wird man diese Gestalten wegen der unerreichten 
Intensivität des Ausdruckes bewundern; Kontraste der Hin- 
gebtmg, des Schmerzes der Verzückung und des ruhigen 
innerlichen Erwägens (im h. Benedikt, der die Schaar der 
übrigen Ordensstifter wie ein Vater überschaut) werden 
wohl nirgends wie hier als ein Ganzes zusammenwirkena 
(eben da). Und dabei ist der Künstler keineswegs bloß 
auf das ruhige Nebeneinanderreihen von Einzelfiguren an- 
gewiesen, wie es freilich meist der Fall ist. Es bedarf nur 
eines Raffael, um die Szene mit dramatischer Kraft zu 
erfüllen, wie er es in der Madonna von Madrid mit 
dem Tobias gethan hat. Und wenn dies Bild in der 
That nicht bloß ein Votivbild für Errettung von Augen- 
krankheit wäre, sondern das Bestreben darstellen sollte, 
dem Buche Tobias Aufnahme in den von Hieronymus 
gehüteten Kanon zu verschaffen, so wäre es die 
vollendetste Allegorie, die sich denken liißt, und verlöre 
dadurch nicht nur nichts an künstlerischem Werte, sondern 
gewänne noch ein neues Interesse. Was aber that-
	        
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