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KUNST, SYMBOLIK UND ALLEGORIE.
symbolischen Kunst die Kraft des durch den Künstler ge-
schaffenen Typus seiner Schöpfung die Weihe der ästhetischen
Kunst verleiht, ist es hier vielmehrder Reiz der Individualität,
welcher die allegorische Darstellung aus der rebusartigen
Allgemeingiltigkeit der Gestaltung zur ästhetischen Kunst
mit ihrer Teilnahme für die Einzelerscheinung erhebt. Da-
durch wird ihr ein Element zugeführt, welches ihr ursprüng-
lich gänzlich fehlt: ihre Darstellung ist, dem anzudeutenden
Gegenstande gegenüber eine fremdkörperliche und muss also
von vorneherein das, was diesem etwa an individueller
Gestaltung und Eigentümlichkeit zukommt, aufgeben
um es auf dem Gebiete einer ganz neuen körperlichen
Gestaltung zurückzuerobern. Um so größer muß die
künstlerische Schöpfungskraft des Bildners sein, um so seltener
aber wird auch diese notwendige Vorbedingung erfülltwerden.
Es wird daher vielmal mehr gute Werke der historischen
und der symbolischen Kunst geben als solche der allego-
rischen: bei ihr werden zwar die Versuche sich häufen, das
Gelingen bleibt aber nur dem größten Meister vorbehalten.
Es ist keine Frage, daß aus dieser Thatsache der
Mißbrauch der allegorischen Kunst entstanden ist. Bleibt
die Forderung individueller Wahrheit und Kraft unbeachtet,
so bietet die allegorische Kunst gerade dem Künstler, dessen
Schöpfungskraft jener Forderung gegenüber versagt, ein
unbegrenztes Gebiet neuer Erfindung. So unendlich das
Reich der Gedanken ist, so unendlich erscheint das Reich
der künstlerischen Schöpfung. Die Willkür in der Wahl
der körperlichen Darstellung ist durch die Natur der alle-
gotischen Kunst gegeben, die Fessel der individuellen
Nachahmung ist mit dem Aufhören des gleichkörper-
lichen Vorbildes gefallen da werden die mark- und
charakterlose Schemen die gefügigen Werkzeuge von
Schöpfungen, welche durch die Gedankendichtung statt
durch die Gestaltungskraft wirken wollen. In Zeiten, in
welchen die sie bewegenden Empfindungen bereits ihren
giltigen Ausdruck gefunden haben, in welchen neue Aus-
drucksmittel, die wenigstens der Technik einen besonderen
Reiz zu verleihen vermochten, nicht mehr aufzufinden sind,
in welchen aber die Kraft einer neuen und eigentümlichen