Volltext: Über Kunst, Künstler und Kunstwerke

44 Kuxsr, SYMBOLIK UND ALLEGORIE.  
 
göttlicher Bedeutung in ihrer Erscheinung einfache Menschen 
werden. Die Entwickelung der griechischen Göttertypen von 
der Art, wie sie die als Apollo von Tenea bezeichnete Statue 
aufweist, bis zu der, wie sie in der medizeischen Venus vor uns 
steht, giebt die deutlichsten Beispiele. Eine ähnliche Ent- 
wickelung wiederholt sich nicht minder deutlich in der Gestal- 
tung des Christus-Ideals von den ältesten Mosaiken an bis zu 
unserer ihn in die Erscheinungsform banalster Alltäglich- 
keit herabziehenden Gegenwart. 
Ergiebt es sich hiernach, daß die ästhetische Gestaltung 
des Ktinstwerkes dem Wesen der symbolischen Kunst so 
sehr entspricht, daß diese als die Quelle der ästhetischen 
Kunst aufgefaßt werden darf, so fragt es sich nun, ob 
diese neue Bewegung nicht weiter wirkte und wie sich, 
wenn es geschah, die anderen Darstellungsweisen zu diesem 
sie ergreifenden Einflusse stellten. 
Es ist klar, daß die ästhetische Kunst gerade durch 
die ihr eigentümliche Gesetzmäßigkeit für die menschliche 
Empfindung mehr zu bieten hatte, als es die der zufälligen 
Wirklichkeit der augenblicklichen Erscheinung nachstrebende 
historische Kunst vermochte; dies Mehr lag eben in dieser 
Gesetzmäßigkeit, welche die Einzelerscheinung über das 
Zufällige hinaushob und ihr eine allgemeingiltige Bedeutung 
verlieh: diese konnte auch dann noch Teilnahme erwecken, 
wenn das Interesse an dem Gegenstande selbst längst ver- 
schwunden war, da die Möglichkeit die treue WViedergabe 
der Wirklichkeit zu erkennen und beifiillig zu beurteilen, 
naturgemäß sich auf einen kleinen Kreis, auf engen Raum und 
kurze Zeit beschränkte. Die durch die Gesetzmäßigkeit ge- 
wonnene Allgemeingiltigkeit befreite somit von der Zufällig- 
keit der zeitlichen und der räumlichen Erscheinung und 
Wirkting und ermöglichte für die Kunstschöpfung eine Erwei- 
terung der Teilnahme, wie sie von der einfach getreuen Wieder- 
gabe der Wirklichkeit nicht zu erwarten war. Es galt nur 
den Kompromiß zu finden zwischen der Bewahrung der 
der historischen Kunst eigentümlichen Individualität und 
der der ästhetischen Kunst eigentümlichen Allgemeingiltig- 
keit. Der Weg hierzu war bei der Einzelgestalt das Auf- 
suchen gleichartiger Erscheinungen: das Aufhnden des für
	        
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