KUNST, SYMBOLIK um) ALLEGORIE. 37
Wenn Dürer der hlelancholie die Geräte des grübelnden
Forschers giebt, deren sich dieser in der Wirklichkeit
thatsächlich bediente, um die Geheimnisse der Natur, wenn
auch erfolglos, zu ergründen, so sind das symbolische
Attribute.
Allein die Kunst gewinnt allmählich eine andere Stellung
zu der Menschheit und damit auch eine andere Aufgabe.
Waren die Kunstschöpfungen ursprünglich nur Stellver-
tretungen der Wirklichkeit, welche dem Bedürfnis, diese
ihrer Vergänglichkeit oder ihrer mit den Sinnen nicht
zu erreichenden Unfaßbarkeit zu entreißen, genügen
Sollten, so fängt allmählich die Thatsache der Bildlichkeit
an, schon für sich selbst eine Freude zu gewähren, Welche
der menschlichen Thätigkeit sowohl als auch der mensch-
lichen Empfindung ein ganz neues Gebiet eröHnet. War es
zuerst der Gegenstand der Darstellung, welcher die ganze
Aufmerksamkeit für sich in Anspruch nahm, so ist es
jetzt die Darstellung als solche, welche sie erweckt, und
zwar so, daß zuerst die Teilnahme für die Darstellung neben
der noch vorherrschenden Teilnahme für den Gegenstand
leise auftaucht, dann über diese das Uebergewicht erhält
und sie schließlich ganz oder fast ganz zurückdrängt.
Es ist dies aber nur dann möglich, wenn die Dar-
stellung außer der Thatsache der Bildlichkeit durch die
Art ihrer Gestaltung etwas bietet, was über das für
den ersten Zweck der Kunst Notwendige hinausgeht.
Dieses Neue liegt in der Art der Gestaltung selbst. Eine
Kunstschöpfung nun, welche durch die Art der Gestaltung
ihrer Darstellung eine Teilnahme erweckt, welche über die
Teilnahme an dem Gegenstande der Darstellung hinausgeht,
ist eine ästhetische. Eine möglichst treue bildnisartige
XViedergabe der Natur, wie wir sie in den ältesten, durch
ihre Naturwahrheit uns so sehr überraschenden Porträtstatuen
der Ägypter, in den neugefundenen Goldmasken aus Mykenä,
in so vielen steinernen, hölzernen, gemalten Bildnissen
durch die ganze Kunstentwickelung hindurch, in den
Photographien, in den Abbildungen wissenschaftlicher Werke
finden, erwecken nur oder doch in erster Linie ihrem Zwecke
gemäß die Teilnahme für den Gegenstand der Darstellung.