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KUNST, SYMBOLIK UND
ALLEGORIE.
ist aber entweder nicht sinnlich wahrnehmbar, so daß die
angedeutete körperliche Ähnlichkeit nur auf der Voraus-
setzung einer gleichartigen Erscheinung und Existenzart be-
ruht, oder sie ist sinnlich wahrnehmbanentzieht sich aber durch
ihre besondere Natur einer ebenbildlichen Wiedergabe; im
"dritten Falle bleibt es gleichgiltig, ob das Vorbild eine
wirkliche oder eine nur gedachte Existenz hat, da von einer
ebenbildlichen oder auch nur andeutenden körperlichen
Wiedergabe überhaupt keine Rede ist, diese vielmehr in
ihrer besondern Wahl auf Gründen beruht, welche einem
anderen Gebiete als dem körperlichen entstammen. Das
Bild einer weiblichen Gestalt, welches Eva bedeuten soll,
.setzt ein entsprechend körperliches Vorbild voraus, dessen
Ebenbild zu sein es beansprucht; soll es Venus bedeuten,
.so setzt es die thatsächliche Existenz der Göttin in einer
der menschlichen gleichartigen Gestalt voraus und benutzt
daher eine solche, um die Göttin anzudeuten, beansprucht
.aber nicht ein Ebenbild zu sein; soll es aber eine Stadt
oder die nSchönheita bedeuten, so begnügt es sich, bei der
Unmöglichkeit die wirkliche oder die gedachte Existenz in
gleichartigerWeise körperlich auch nuranzudeutenmiit einem,
in seiner Wahl durch andere als durch körperliche Über-
-e_instinnnutig oder auch nur vorausgesetzte körperliche
Ahnlichkeit begründeten, durch anderweitige Beziehungen
veranlaßten, dem anzudetttenden Gegenstande vollständig
fremden Bilde. Somit zeigt die erste Art der Darstellung die
Wirklichkeit in körperlicher Übereinstimmung, die zweite in
gleichartig-körperlicher Andeutung, die dritte in fremd-
körperlicher Andeutung. Allen drei Darstellungsarten gemein-
schaftlich aber ist das Merkmal der Bildlichkeit und somit
die wesentliche Voraussetzung für das Vorhandensein von
Kunst. Es sind somit, diesen drei Darstellungsarten ent-
sprechend, drei Arten der Kunst zu unterscheiden: die er-
zählende, die andeutende und die umdeutende Kunst, oder,
mit Benutzung der bestehenden technischen Bezeichnungen,
die historische, die symbolische und die allegorische Kunst,
"wobei der Ausdruck historisch im weitesten Sinne als die
Wirklichkeit getreu berichtend und wiedergebend ge-
faßt ist, und ebenso die Ausdrücke symbolisch und