TRACHT UND Mons.
27
dieser kosmopolitischen Umfassung der Mode einerseits,
in der ungehinderten Entfaltung der Individualität andrer-i
seits liegt aber die kulturgeschichtliche Bedeutung der
Mode im Gegensatz zu der Tracht.
Wenn wir nun auch vielleicht zugeben müssen, daß auf
dem Gebiete der Mode es nicht un s vergönnt sein wird, den
Ton anzugeben, wenn wir gerade hierin, wie in allem, was Aus-
lduß blos des Geschmackes ist, wie ja auch des ursprüng-
lichen Geschmackes und daher in der Küche, den Franzosen
vielleicht den Vorrang lassen müssen, so werden wir uns leicht
durch die Wahrnehmung trösten, daß auf dem Gebiete der
Kunst, in welchem der Geschmack einen nebengeordneten
Rang einnimmt, in welchem vielmehr die Tiefe des Ge-
mütes und nicht nur die Wohlgefälligkeit aus der Form-
gestalttitig sprechen soll, Frankreich uns nimmer vorantreten
wird. Wer hätte je von einem französischen Mozart oder
Beethoven, einem französischen Dürer, Holbein oder Cor-
nelius gehört? Und dieser Unterschied ist charakteristisch
für die beiden Völker.
WVenn wir aber Stimmen hören, die, statt sich mit dem
Streben nach einer deutschen Mode zu begnügen, gar
nach einer deutschen Tracht verlangen, so, meine ich, ist die
Antwort klar: Wir sind auf dem, Wege völkerhemmende
Fesseln abzuschütteln, nicht aber anzulegen, wir sind auf
dem WVege vorwärts, und auf diesem wollen wir bleiben.