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TRACHT UND M002.
wurde gleichzeitig immer kleiner. Schließlich war der Kapot-
hut kaum noch ein Band, und der runde Hut saß auf den
Augen. Weiter nach vorne zu rücken, ging nicht gut,
und so mußte denn eine Umkehr eintreten, und dieser Grund
War für die Abschaffung der Chignons gewiß wesentlicher"
als die in der Mode stets vergeblichen Predigten über Ge-
sundheitsrticksichten. Man fing wieder an, Locken oder
ganz aufgelöstes Haar, oder, wie jetzt oft, herabhängende
Zöpfe zu tragen. Nun konnte der Hut zurück; aber die
Stelle, die bisher bedeckt war, durfte nicht frei bleiben.
Da wurden die Haare tief in die Stirne hereingelegt. So
kam allmählich wieder die vordere Seite zur Bedeutung,
und dies ermöglichte die folgende Mode des Damenhtites,
die nicht nur die Stirne, sondern das halbe Haar nach vorne
offen läßt, zugleich ein Beweis, wie wenig Rücksicht die
Mode auf die Gesundheit nimmt. Diese Freilassung des
halben Kopfes bei dem nRabagashtita war nämlich die
Mode einer Wintersaison! So traten die Schuhe mit hohen
Absätzen erst auf, als das Kleid etwas kürzer wurde und
die Füße sehen ließ. Da war der Wunsch, einen mög-
lichst kleinen Fuß zu haben, ein durchaus gerechtfertigter,
und die Mode beeilte sich ihn zu erfüllen.
S0 ließen sich noch viele Einzelheiten aufführen, und
ein aufmerksamer Blick auf die neuen Erscheinungen der
Mode wird stets einen inneren Zusammenhang in den
scheinbaren Willkürlichkeiten finden lassen. In dem ganzen
reichen Wechsel der Mode aber wird immer und immer
wieder die Geschmacklosigkeit auftreten, um der Empfin-
dung für den reinen Geschmack den NVeg zu bahnen.
Immerhin aber ist der Geschmack durch die Eigentümlich-
keit seines Wesens die Grundlage der in der Mode hervor-
tretenden Gesetze. Die Mode selbst jedoch bleibt, auch
in ihren thörichten Auswüchsen, ein Ausfluß jener immer
neuen Schöpfungskraft im Menschen, welche sich auf dem
Gebiete der Kleidung nur tmwtillig in die engen Fesseln
einer symbolischen Tracht zwängen liißt, die vielmehr
innerhalb weit gesteckter, die sogenannte Gesellschaft aller
kultivierten Nationen timfzissender Grenzen dennoch der
individuellen Entwickelung einen freien Spielraum laßt. In