324 ANHANG.
oder auch Lanzenschafta: auf dem Steine ist der entsprechende
Arm gesenkt und die nach außen, nicht nach dem Tropaion
zu gehaltene Hand stützt in der Ijlöhe des Schoßes eine
Lanze auf: genügen solche seltsame Übereinstimmungen, daß
zwei Darstellungen sich ngegenständlich sehr nahea kommen?
Übersehen ist bei der Vergleichung. daß auf dem Steine
thatsächlich der Oberkörper sich nach dem Tropaion zu
neigt, während er bei der melischen Statue zurückweicht,
und lehrreich ist das Aufstützen des Fußes des Spielbeines
auf den Ballen, das Motiv, das ich für die melische Statue
in Anspruch nehme und das sich eben so bei dem zweiten
verglichenen Steine wie auch sonst häufig findet.
Aber auch vom künstlerischen Standpunkte ist der Vor-
schlag unhaltbar. Der schlimmste Verstoß gegen die künstle-
risch zu verlangende Einheitlichkeit des Werkes ist die
Verwendung zweier unzusammengehöriger Motive. Soll die
Göttin die nApfelinsela charakterisieren, so hat das Halten
und Zeigen des Apfels einen guten Sinn, und die Frage ist
nur: Wie steht das Motiv mit der sonstigen Haltung und Be-
wegung im Einklang? Soll die Göttin" ein Tropaion er-
richten, so hat das Aufweisen des Apfels nichts dabei zu
thun; er ist nicht nur überflüssig, er stört geradezu: die
Göttin ist auch ohne den Apfel gerade durch ihren Sieg über
die Waffengewalt erkennbar, wie denn auf keinem der beiden
angezogenen Steine die Göttin den Apfel hält und doch er-
kannt wird und was die mittelmäßigen Steinschneider zu
vermeiden wußten, hätte der Künstler nunserer lieben Fraua
von Milo sich zu Schulden kommen lassen, der nder Schönheits-
göttin ein Denkmal gesetzt hat, wie wir ein zweites bisher
nicht besitzena (S. 9)? Wenn dieses treffende Urteil Heyde-
manns nicht ein schönes Wort bleiben soll, so muß man dem
Künstler eines solchen Werkes auch nicht ein unkünstle-
risches Verfahren zutrauen, wie es diese Vermischung zweier
verschiedenartiger Motive wäre. Eine solche erlaubt sich
nur der Stümper oder der einen ganz bestimmten, aus anderen
als künstlerischen Gründen herrührenden Auftrag ausführende
Künstler. Ist es sicher, wie Saloman nachgewiesen haben
will, daß auch die Ansatzstelle der linken Hand mit dem
Apfel sich noch deutlich erkennen läßt, so möchte sich die
Tendenz der antiken Restauration leicht verstehen lassen. Der
mit der Herstellung betraute Künstler verstand die abwehrende
Bewegung der linken Hand in Übereinstimmung mit der ge-
samten Körperhaltung. Er sollte nun mit Rücksicht auf
die nApfelinsela der linken Hand den Apfel geben: da hat
er denn versucht die beiden Motive zu verbinden. Er legt
den Apfel so in die Hand, daß er von dem vierten und
fünften Finger gehalten wird; er will aber gleichzeitig die