Volltext: Über Kunst, Künstler und Kunstwerke

ANHANG. 31 j 
Venus begegnen; um dies zu ermöglichen, muß die Venus ihren 
Kopf nach links drehen, so weit, daß in der Vorderansicht 
der Statue der Haarschopf mit der auf den Nacken fallenden 
Locke sichtbar wird. Dazu ist Zur Straßen nicht berechtigt: 
die überlieferte Haltung unverändert zu lassen, ist das erste 
Erfordernis für eine Wiederherstellung. Da Zur Straßens 
Wiederherstellungsversuch auf dieser Verdrehung des Kopfes 
der melischen Statue beruht, eine solche aber nicht zulässig 
ist, so wird er dadurch allein schon hinfällig, so daß es eines 
Eingehens auf weitere Schwierigkeiten nicht bedarf. Ein nach 
einer photographischen Aufnahme gemachter Holzschnitt findet 
sich in der Leipziger nIllustrirten Zeitunga vom IO. Sep- 
teinber 1887, N0. 2306 (89. Band). 
Ein anderer, mit den Thatsachen im Widerspruch stehender 
Vorschlag ist von W. f Stillmann, einem Amerikaner, und 
wie es scheint, schreibenden Künstler gemacht worden, welcher 
für das amerikanische Blatt nCenturycc in dessen Auftrag 
nan exploring visit to Greek landsu gemacht hat. Jetzt hat 
er diese Aufsätze zusammen herausgegeben unter dem Titel 
nOn the Track of Ulysses together with an excursion in quest 
of the so-called Venus of Melos. Two studies in archaeology. 
made during a cruise among the Greek islandstt (Boston and 
New-York, Houghton, Millin and Company 1888). Sein Stand- 
punkt ergiebt sich aus dem Vorwort: v1 cannot pretend to 
have offered a solution which will cominand assent from the 
severely scientific archaeologist; but I have an interior coii- 
viction, stronger than any authority of ancient tradition to 
my own mind, that that solution is the true one. I do not 
with it to be judged as a demonstration but as an induction 
in whicli a kind of artistic instiiict, not comrniinicable or 
equally valuable to all people, has hzid the greatest partß 
Diesen Grundsätzen entspricht der Ausdruck des Resultates: 
iiI rest in the sincere conviction, sustained through a study 
of iriany years, that the so-called Venus of Melos is really 
the Nike Apteros of the restored temple to that goddessmt 
Der hier eingenommene Standpunkt hat seine Vorteile. 
Er befreit von den Vorurteilen der Überlieferung, welchen 
die unterliegen, denen von frühester Zeit des Studiums an eine 
bestimmte Betrachtungsweise eingeprägt worden ist, so daß 
eine andere von vorneherein undenkbar erscheint. So spricht 
Stillniann den Satz aus: nThe preconceived notion that that 
Melian Statue was a Venus has been a continuah cause of 
confusiona (S. 88). Freilich wird es ihm so wenig wie anderen 
gelingen, gegen das landläuiigepogma etwas auszurichten. 
Und doch müßte die einfachste Überlegung lehren, daß alle 
Folgerungen aus der Annahme, daß die ßtatue eine Venus 
darstelle, hinfällig sind, so lange ihre Venuseigenschaft nicht
	        
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