Volltext: Über Kunst, Künstler und Kunstwerke

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MODE. 
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andrer sein, weil er von der Anlage des Individuums ab- 
hängt. Ein Kind vermag nicht eine gleich große Anzahl 
von Eindrücken zu einer Empfindung zusammenzufassen 
wie der Erwachsene, der Landmann nicht wie der Städter, 
der Ungebildete nicht wie der Gebildete, und dieser nicht in 
gleich hohem Grade wie der Fachmann. Wer mit einem 
Kinde an der Hand über die Straße gegangen ist, erinnert 
sich, wie er das Kind, besonders beim Vorübergehen an 
Schaufenstern, stets nach sich ziehen mußte, wie das Kind 
stets mit zurückgewandtem Kopfe ging: während der Er- 
wachsene die sinnlichen Eindrücke rasch erfaßt hatte, 
vermag das Kind nicht sie in derselben Zeit zu bewältigen. 
Als entgegengesetztes Beispiel sei folgendes erwähnt. Der 
Zauberkünstler Houdin in Paris erzählt von sich, er habe 
sich geübt, möglichst viele Gegenstände mit einem einzigen 
Blicke zu erfassen, und er habe es dahin gebracht, daß, 
wenn er an einem Spielwaarenladen vorbeiging und den 
Erker ein einziges Mal rasch überblickte und dann die 
Augen schloß, er genaue Rechenschaft über Aussehen und 
Lage von vierzig Gegenständen habe geben können. Hier 
war also eine Anlage bis ins Unglaubliche ausgebildet, die 
beim Kinde in ihrer ersten Entwicklung vorhanden ist. 
Wenn nun der Geschmack so sehr von der Fähigkeit 
des Einzelnen abhängt, so könnte man daraus schließen, 
daß es überhaupt keinen allgemeingiltigen Geschmack gebe, 
und darauf scheint ja auch der bekannte Ausdruck, daß man 
über den Geschmack nicht streiten müsse, hinzuweisen. Allein 
es kommt hier doch in Betracht, daß die Grenze der Fähig- 
keit, eine Reihe von Eindrücken zusammenzufassen, in der 
That eine höchst enge ist, und daß diese Grenze für alle 
Menschen giltig bleibt, sobald man von den Virtuosen ab- 
sieht, die es auch auf diesem Gebiete giebt wie anderswo. 
Der Unterschied der Menschen überhaupt bewegt sich daher 
innerhalb der möglichst niedrigen Stufe, auf welcher die 
Zusammenfassung zweier Eindrücke bereits die Vollkraft 
in Anspruch nimmt, und der nicht allzu weit davon ent- 
fernten Grenze. Und hierbei ist es nun merkwürdig, wie 
bei gleichartigen, unter denselben Verhältnissen sich ent- 
wickelnden Menschen eine Durchschnittsfahigkeit sich
	        
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