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WALLOTS
PAUL
REICHSTAGSGEBÄUDE.
nicht gestört wrird. Es fragt sich nun wie Wallot diese
beiden Merkmale architektonischer Monumentalität- das Be-
detitsame, ein allgemeines Interesse über die unmittelbare
zeitliche und örtliche Gegenwart hinaus Andeutende und die
einheitliche Wirkung des Gesamtbaues erreicht hat.
Das erste der beiden Merkmale war im wesentlichen
durch die Verhältnisse selbst gegeben. Es hätte schon
eines ganz besonderen Talentes zur Kleinlichkeit bedurft,
um bei den zur Verfügung gestellten äußeren Bedingungen
etwas zu schaffen, das sich nicht sofort wenigstens seiner
Tendenz nach als ein Träger eines allgemeinen Interesses
kundgegeben hätte. Der für die gestellten Anforderungen
vielleicht knapp bemessene, immerhin aber doch gewaltige
Bauplatz, seine Lage an dem großartigen Königsplatze mit
der mächtigen, zum Vergleiche einladenden Siegessäule in
der Mitte, die dadurch notwendig gewordene Höhenentwicke-
lung, wenn der Bau nicht nur nicht verschwinden, sondern
die Lage beherrschen sollte, die Möglichkeit der Verwendung
edlen Materiales das alles mußte fast mit Notwendigkeit
von vorneherein bei allen Entwürfen zu Schöpfungen führen,
die im großen und ganzen dieser ersten Forderung für den
Eindruck der Montimentalität genügen mußten, wenn auch
selbstverständlich hier der Grad, in welchem das geschah, ein
sehr verschiedener sein konnte und thatsächlich gewesen ist.
Um so entschiedener tritt bei dem zweiten Punkte
die künstlerische Individualität des Schöpfers in ihr Recht.
Bis zu einem gewissen Grade ist mit der Gestaltung des
Grundrisses auch der Aufriß schon mitbestimmt: der eine
kann ohne den andern nicht gedacht werden, zumal was
die innere Raumgestaltung betrifft. Für die äußere Dar-
Stellung des Gebäudes aber, auf welche es uns hier in
erster Linie ankommt, bleibt doch der besonderen Erfin-
dung noch viel überlassen.
Zunächst möchte die Wahl des Stiles in Betracht
kommen. Wohl keine Zeit hat die kunstvolle Raumge-
staltung zu solcher Vollendung geführt wie die Renaisssance-
zeit. Damals trat zuerst in hervorragender Weise das Be-
dürfnis hervor, auch für andere als für öffentliche Zwecke
im Inneren schön gestaltete Räume zu haben, so daß