290 PAUL WALLOTS REICHSTAGSGEBÄUDE.
es käme noch die Unzuträglichkeit hinzu, daß der Haupt-
anblick des Gebäudes in eine Straße verlegt wurde, deren
Breite, selbst wenn sie durch ein möglichst weitgehendes
Zurückschieben des Reichstagsgebäudes vergrößert würde,
wodurch dieses freilich selbst verkleinert wird, da seine
Westseite nicht auf dem Königsplatze weiter hinausge-
rückt werden darf, dennoch nicht genügen könnte, um
einen ungehemmten Überblick des Ganzen zu gestatten:
dies vermag allein ein Standpunkt, welcher auf dem großen
Königsplatze genommen wird.
Eine halbe Lösung lag darin, daß man den Hauptein-
gang von Süden wählte: dann mußte die nach dem
Königsplatze zu liegende Langseite so gestaltet werden,
daß sie dennoch für den Anblick als Hauptfassade gelten
könnte. Diese Scheinlösung nach außen ist von Thiersch,
dem mit dem zweiten nersten Preisen ausgezeichneten Be-
werber', gewählt und so weit geführt worden, daß er that-
saclilich drei Eingänge in das Mittelrisalit nach dem
Königsplatze zu legte: diese führen jedoch nicht auf die
Haupttreppe, zu welcher vielmehr der in keiner Weise
entsprechend akzentuierte Eingang von Süden her gewählt ist.
Freilich hat Thiersch dadurch eine großartige Entwickelung
im Inneren gewonnen: Haupttreppe, Festhalle, Saal, Foyer
liegen in einer Flucht auf der langen Axe, was eine
durchaus symmetrische Anlage aller diesen Hauptzug um-
schließenden Teile des Gebäudes ermöglicht. Dieser Um-
stand gestaltete Thierschs Plan, nach der Seite der
konsequenten, man möchte sagen idealen Entwickelung hin
zu einer theoretisch so vollendeten Lösung der Aufgabe, daß
ihm in der That ein nerster Preise mit vollem Rechte zufiel.
Freilich hat diese Längenentwickelung praktisch mancherlei
Unbequemes: vor allem müssen Abgeordnete, Publikum,
Journalisten, Stenographen, Bundesrat, Kanzler, Präsidium
stets die ganze Länge des Baues innen oder außen abgehen,
um endlich an ihr Ziel zu kommen.
Eine vollständige Lösung bietet dagegen Vxfallots Plan.
1 Vgl. nDie preisgekrönten Entwürfe
gebäude 188m. Berlin. Reichsdruckerei.
ZU
dem
IICUGH
Reichstags-