258 RAFFAELS TRANSFIGURATION.
Glauben gebracht; die Apostel unten hören von dem Ver-
klärten, sind überrascht und teils nicht zum Glauben geneigt:
das Wunder ist zu gewaltig, zu sehr von allem sonst von
ihnen Erlebten sich entfernend; die Apostel oben sehen
den Verklärten und müssen sich abwenden; die himmlischen
Gestalten begrüßen den Sohn Gottes und huldigen ihm.
Aber noch wäre seine Macht nicht allseitig anerkannt,
wenn nicht das Reich des Teufels selbst sich vor ihr beugte:
das geschieht in dem Knaben, indem der diesen besitzende
Teufel die Nähe der Gottheit mit Entsetzen verspürt:
während die Heiligen huldigen, empört sich, seine Ohn-
macht erkennend, der Teufel, so daß diese beiden äußersten
Gegensätze mit Notwendigkeit sich ergänzen. Diese ganze
Offenbarung Endet aber ihre über die Gegenwart hinaus-
ergreifende Erfüllung erst in der Existenz der Kirche: so
muß auch diese, die ganze Zukunft und damit die in alle
Ewigkeit reichende Bedeutung der Heilskrafr des Erlösers
andeutend, wenigstens symbolisch erscheinen: dies geschieht
in den Diakonen, welche in ihrer ruhigen Anbetung zu-
gleich den Zustand des Menschen andeuten, welchem durch
den gefesteten Glauben das Wunder etwas Natürliches,
Selbstverständliches, nicht mehr wie bei seiner ersten Er-
scheinung kaum Glaubliches und mit den Augen nicht zu
Ertragendes ist: sie bilden also in ihrer Ruhe und Sicher-
heit den Gegensatz zu den erschreckten Aposteln. Die
entsetzten Verwandten und die erstaunten Apostel, die ruhig
aufschauenden Diakonen und die geblendeten Apostel, die
anbetenden Boten des Himmels und der zurückschauernde
Teufel im Knaben alle diese scharfen Gegensätze finden
ihren Grund, ihre Veranlassung und ihre Lösung in der
einen, alles beherrschenden Thatsache, der Verklärung, deren
Erscheinen die ganze Bewegung ursächlich veranlaßt. Hierin
aber liegt die Einheit der Handlung ausgesprochen.
Springer hat (a. O. II, S. 188) darauf hingewiesen, daß
Raffael für die von Kardinal Giulio de' Medici bestellte
große Altartafel zuerst die nAuferstehunga in Aussicht
genommen habe, zu welcher wir noch Studien läaliaels
besitzen, daß er aber, als er Kunde von dem Werke seines
Nebenbuhlers Sebastiano dal Piombo erhalten habe, welcher