2 j 6 RAFFAELS TRANSFIGURATION.
rechte Auge steht an der richtigen Stelle, während die
abwärts gestreckte linke Hand verzerrt ist und das linke
Auge in den äußersten linken Winkel des Auges gerückt
ist soll etwa die in der Tiefe haftende, noch mit letzter
Kraft ihre Beute haltende Natur des Dämons angedeutet
werden, während die dem Heiland zugewendete Seite
bereits die Befreiung ahnen lässt?
Ist so in der unteren Szene die Kunde von der Ver-
klärung gegeben, so zeigt uns nun die obere Szene diese selbst:
ohne sie wäre der Ausbruch der Besessenheit des Knaben,
wie die Verwandten sein Toben auffassen, die Verkündung
des wunderbaren Gesichtes, von der die Apostel die erste
Kunde hören, nicht erfolgt. Dort schwebt Christus, von
Moses und Elias aus dem Himmel begrüßt, und die drei
von ihm mitgenommenen Apostel kauern am Boden, vor
der glanzvollen Erscheinung die Augen bergend. Hiervon
erzählt das Evangelium nichts. Im Gegenteil: die Apostel
sehen die Verklärung ruhig mit an, so sehr, daß Petrus
sagt: nhier ist gut seina und daran denkt, für die drei Ver-
klärten Hütten zu bauen. Erst als das Wort aus den
Wolken ertönt: ndies ist mein lieber Sohn, an welchem
ich Wohlgefallen habe, den sollt ihr hörena, erst jetzt,
beim Hören, nicht beim Sehen nDa das die jünger
hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehra
ergreift die jünger die Angst. Aber Raffael, der denkende
Künstler, der die Stimme nicht malen konnte und sie in
der früheren kindlichen Weise durch ein Spruchband nicht
andeuten wollte, übersetzt die Erzählung aus dem der
Bildkunst ferne stehenden Gebiete des Ohres in ihr ur-
eigenstes Gebiet, das des Auges: die Jünger werden von
dem Lichte und auch wohl von dem Gegenstande selbst,
dem vereinten Schweben der drei Personen, ebenso innerlich
getroffen wie äußerlich geblendet. So gewinnt der dichtende
Künstler hier wie bei dem Knaben ein neues Motiv, durch
das er die Szene seiner Kunst aneignet, indem er sie deren
Anforderungen gemäß umgestaltet.
Fassen wir das Bild so auf, so ergeben sich eine Reihe
von Stufen in der Erkennung der Göttlichkeit Christi.
Die Gesundheit Suchenden werden durch die Not zum