232 Dm Vmus von MILO.
wählt, um eine hübsche Bewegung des Gewandes zu
erzielen, so wäre diese Spannung nicht nur nicht not-
wendig, sondern sogar ungünstig, weil die Falten sich ohne
Spannung viel anmutiger legen lassen, die Spannung aber
zugleich die Aufmerksamkeit auf einen Punkt lenkt, der
gar nicht besonders hervorgehoben werden sollte. Bei
einem Künstler, der solcher Kunstgriffe nicht bedarf, deutet
dagegen diese Spannung gerade darauf hin, daß in der
That hier die Aufmerksamkeit des Beschauers erregt und
auf eine für das Verständnis des Ganzen notwendige, ihren
gewiichtigen Teil mit beitragende Bewegung gelenkt werden
soll. Die Spannung muß also in der Gesamtökonomie des
Kunstwerkes ihre Bedeutung haben und ist nichts Gleich-
giltiges. Der Zweck der Spannung liegt aber auf der
Hand: sie soll das Gewand so sei das umgeschlagene
Tuch ganz allgemein bezeichnet, unbeschadet der Ent-
Scheidung, 0b es ein regelmäßiges Kleidungsstück oder ein
zu besonderem Gebrauche bestimmter Umschlag ist vor
dem Fallen schützen, das Gewand, welches so lose um die
Hüften geschlungen ist und sich überdies auf der rechten
Seite schon auf der am weitesten ausladenden Stelle der
Hüfte befindet, daß es ohne äußere Hilfe in dieser Lage
nicht verharren könnte. Diese Hilfe wird ihm durch das
Vortreten deslinken Unterschenkels und die dadurch be-
wirkte Entfernung von dem rechten, dem des Standbeines,
gewährt. Diese Art der Gewandhaltung ist eine durchaus
tingewöhnliche und kann daher nur aus einem besonderen,
einer eigenartigen Lage entsprechenden Grunde hervor-
gehen. Nun weiß aber wohl jeder aus eigener Erfahrung,
wann diese Art der Gewandhaltung naturgemäß eintritt:
die Hände müssen anderweitig derart beschäftigt sein, daß
sie nicht gleichzeitig zur Unterstützung des Gewandes
verwendet werden können. Es muß also auch hier eine
Veranlassung da sein, welche die Hände, wenn auch nur
für einen Augenblick, mit Notwendigkeit in Anspruch
nimmt und daher zu der gleichzeitig zu bewerkstelligenden
Festhaltung des Gewandes die Unterschenkel benutzen läßt,
eine Art zu halten, die sich wiederum nur für wenige
Augenblicke denken läßt und die anderweitiger Unter-