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MORITZ von Scuwmn.
Zeichnung durch. In diesen Blättern liegt eine große
Fülle von Anregungen für unser modernes Kunstgewerbe,
bei welchem den erfindenden Künstlern oft eben diese geist-
volle schöpferische Gabe abgeht, die Schwind in so hohem
Grade besessen hat: eine Veröffentlichung wäre in hohem
Grade wünschenswert.
Ein weiteres Element ist die vollendete Schönheit in
der Form, besonders in der Linienführung, durch welche
er, in Verbindung mit der Einfachheit der Mittel, seinen
Figuren jenen Adel giebt, der uns seine Schöpfungen bei
aller Lebenswahrheit doch als ideale nachfühlen läßt. Ein
Beispiel, wie dies auch schon in der einfachsten, rasch
hingeworfenen Skizze der Fall ist, giebt der zu Seite 203
gefügte Lichtdruck: in Originalgröße zeigt er den Etitwtirf
zu einem nAbSClIiGd Abälards von Heloiserr, welcher nach
einer auf dem Originale befindlichen, jedoch nicht vom
Künstler herrührenden Unterschrift im Oktober 1869 zu
Reichenhttll entstanden ist. Dieser Adel der Auffassung
verläßt den Meister auch bei seinen humoristischen Dar-
stellungen, ja selbst bei seinen Karikaturen nicht, die
sich ebenso in Form wie in Inhalt stets vom Niedrigen
fernhalten: als echter Humorist hat er den Trieb zum Scherz
im Herzen, und so ist es das Gemüt, das seine Schöpfungen
in dieser Richtung verklärt. Dies zeigt sich besonders
im Verkehre mit Brüdern und Freunden. S0 wenn er für
Bruder Franz eine Nagelschneidmaschine erfindet (N. 323),
oder wenn er den Freund Seitz von Feigen träumen (N. 322)
oder den Bruder Karl auf dem Paradiesvogel schweben läßt
(N. 321). Am schönsten zeigt sich diese Seite in dem
berühmten Lachnerftiese (N. 233-274): hier verfolgt er
das Leben des Freundes von der Geburt bis zu dem ihm
einstmals zu errichtenden Denkmale.
Und endlich sein Kolorit. In seinen älteren Bildern
folgt er dem Vorbilde der alten Deutschen: sein nKäthchen
von Heilbronnu (N. 27) und andere jugendarbeiten zeigen
uns bei peinlicher Sorgfalt der Einzelausführung harte
Farben. Bald aber schließt er sich den malerischen Be-
strebungen der Zeit an, so daß er in Werken wie nDer
Einsiedler und der Dudelsackpfeifera (N. 31 und besonders