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Momrz von SCHWIND.
muß eine aus innerer Notwendigkeit entspringende Ab-
geschlossenheit werden. Es beruht dies in erster Linie
auf der Klarheit einheitlicher Stimmung von Seiten des
Künstlers, die ihn befähigt alles festzuhalten was Träger
und Ausdrucksmittel dieser Stimmung werden kann, und
ebenso alles auszuscheiden und abzuweisen, was diese Ein-
heitlichkeit der Stimmung stören könnte. Schwind hatte
diese Begabung in hohem Grade, wie es vielleicht am
merkwürdigsten sich zeigt, wenn er Szenen aus dem Alltags-
leben festhält, wie in seinen Reisebildern. So erwecken seine
Schöpfungen stets das wohlthuende Gefühl des echten Kunst-
werkes, daß wir einem übersehbaren, verständlichen, in
seinen Beziehungen und Bedingungen erkennbaren Endlichen
gegenüberstehen, statt daß die Natur uns stets das nicht zu
bewältigende Unendliche vor Augen stellt (vgl. oben S. 38 f).
Mit dieser Kraft begabt, vermag er selbst solche Themata
erfolgreich behandeln, die seiner Natur zunächst ferner
liegen, wie die religiösen, die zwar nicht von einer inneren
Glut der Seele Zeugnis ablegen und somit bei ihm auch
nicht aus ureigenstem Bedürfnisse sich auszusprechen ent-
standen sind, die aber künstlerisch doch ihren Wert besitzen
und einer echten Frömmigkeit entsprungen sind. Mit dieser
Kraft begabt, vermag er aber ganz besonders im einzelnen
Falle den gegebenen Raum in der ungezwungenstenWeise
zu benutzen und ihn doch vollständig zu erfüllen. Nach
dieser Seite hin sei besonders auf zwei Werke hingewiesen,
den Kreuzgang Christi (N. 276-289), bei welchem die
schwierige Form des Medaillons meisterhaft überwunden
worden ist: die meist nur je drei Gestalten umfassenden
Kompositionen bewegen sich so frei als ob es keine Raum-
grenze gäbe, und dabei ist stets eine wirkliche Füllung
des Raumes erreicht; sodann noch auf die inbezug auf die
Raumbentitzting noch größere Leistung der Medaillons
und besonders der Gewölbezwickel in der Loggia des
Wiener Opernhauses (N. 5-26): in diesen letzteren, auf
eine Spitze gestellten länglichen Dreiecken ist die Geschich-
te Papagenos geschildert und überall dieselbe vollendete
Verwendung und Füllung des Raumes erreicht, ohne daß
eine gezwungenc Haltung erschiene oder eine Figur aus