MORITZ
VON
SCHWIND.
nter den führenden Meistern auf dem Gebiete der
Malerei, welche der ersten Hälfte unseres jahr-
hunderts durch ihre künstlerische Entwickelung
und durch Gewinnung ihrer maßgebenden Stellung in der
Kunst angehören, ist wohl Moritz von Schwind der erste,
welcher die entscheidenden Anregungen für seine Richtung
nicht in Rom gewann. Dort haben Cornelius und Overbeck,
Veit und Schnorr, Führich und Ludwig Richter, ja selbst noch
der sechs Jahre nach Schwind geborene Steinle ihr eigenstes
Wesen gefunden: im Gegensatze oder im Anschlüsse an die
in der Fremde gewonnenen EinHüsse haben sie ihr Leben
lang ihre Kunstübung und das dieser zu Grunde liegende
geistige Arbeiten gestaltet. Auch Schwind ging nach Rom
und zwar in einem Alter, in welchem er die fremden
Eindrücke noch mit voller Kraft aufnehmen und verwenden
konnte: er war neunundzwanzig Jahre alt. Aber von
Michelangelos Werken in der Sixtina kommend, arbeitet er
zu Hause an Ritter Kurts Brautfahrt, eine Thatsache, die
an unseres größten Dichters ähnliches Gebahren erinnert:
im Garten der Villa Borghese, erfüllt von den Eindrücken
der klassischen Antike, dichtet Goethe die Hexenküche, jene
Szene in seinem Faust, die am entschiedensten mittelalter-
lich nordischen Charakter trägt. Gerade in der Fremde regen
sich die heimatlichen Gestalten durch den kräftigen Gegen-
satz um so energischer und gewinnen Fleisch und Blut,
wie sie es in der Heimat vielleicht nicht gethan hätten.
Allein bei Schwind ist dies nur ein einzelnes Ereignis,
Vrzn- Vauaunx. I3