UND
TRACHT
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dieses Tier ist der Mensch. Nie hat der Hund, der doch
ein so kluges Tier ist, einen Knochen zu anderem Zwecke
erfaßt, als um ihn zu verzehren. Der Mensch aber auf
der denkbar niedersten Stufe, auf einer Stufe, auf welcher
er im eigentlichen Sinne des Wortes kaum drei oder aller-
höchstens vier zahlen kann, also ein Australneger etwa,
heftet sich den Knochen an, und wenn es auch nicht anders
möglich wäre, als dadurch, daß er sich verwundete und der
in die Wunde gelegte Knochen zur dauernden Zier seines
Trägers mit dem Fleische verwüchse. Er thut dies aber,
um sich selbstgefällig vor anderen seinesgleichen ans-
gezeichnet zu fühlen. So wird sich nie ein Tier, und
Wäre es das gescheiteste, eine Feder oder eine Blume in
das Haar stecken, nie einen bunten Stein sich anheften.
Man kann daher sagen, der Mensch, der zuerst eine Feder
oder einen Stein sich anheftete, that damit kund, daß die
schöpferische Natur in der Hervorbringung immer höherer
Gattungen einen neuen Schritt gethan hatte, der gegen
alle früheren Gattungen eine scharf gezeichnete Grenze ab-
giebt. So ist der Schmuck, d. h. der Anfang aller Kleidung,
die erste Äußerung der Menschwerdung, und die andauernde
Fähigkeit seiner Verwendung giebt den Beweis, daß wir
uns auf dieser Stufe mindestens erhalten haben. Den
Schmuck aber verbannen wollen hieße den Menschen
zum Tiere erniedrigen. Denn nur wer sich schmücken
kann, ist Mensch. Hierin liegt die kulturgeschichtliche Be-
deutung des Schmuckes für die Menschheit überhaupt.
Es ist natürlich, daß sich die Art des Schmuckes bei dem
noch tinkultivierten Menschen ganz nach seiner Umgebung
richtete. War er Anwohner des Meeres, so lieferten Mu-
scheln und Fischgräten seinen Schmuck, war er Jäger, so
dienten ihm Federn und Knochen, Tierfelle und sonstige
lilgdbeute dazu. Von einer eigentlichen Verarbeitung war
hier noch gar nicht oder doch nur wenig die Rede. Daß
nun aber aus dem Schmucke ein Schutz wurde, dies be-
Wirkten bei der Ausbreitung der Menschen zunächst die
klimatischen Verhältnisse. Und wie die Wahl des Schtnuckes,
S0 hängt die Auswahl der schützenden Stoffe zuerst von
der nächsten Umgebung des Menschen ab. Waren es zu-