ADRIAN LUDWIG RICHTER. 189
besten fühlen liißt, den wir aber auch einmal gerne in Worte
fassen, damit er in solcher Fassung auch wieder zum Ver-
ständnis des Künstlers diene. Schon als Jüngling von
zweiundzwanzig Jahren erkennt er deutlich den Unterschied
der modernen Empfindungsweise von der antiken. nDzlS
Moderne laßt uns trostlos und xterxxrirrt in dem Gefühle
stecken, Welches es erregt, indem da, wo die Auflösung
eigentlich kommen sollte, in einer Dissonanz abgebrochen
wirdu. Das Antike dagegen macht ihm einen ganz anderen
Eindruck. nDiC Alten in Poesie und Malerei sprechen ein
Gefühl bestimmt aus, lassen uns dasselbe ganz genießen
und führen uns glücklich heraus oder vielmehr lösen das
Ganze in reine volltönige Harmonie auftt. (II, S. 55). Das
ist der Leitstern seiner Kunst. Es ist aber noch mehr: es
ist der Gedanke, mit welchem er an die Betrachtung der
Welt selbst herantritt. Auch sie löst sich ihm in Harmonie
auf, und nur diese Harmonie ist der Gegenstand seiner
Darstellung. Da darf aber auch nichts fehlen, da giebt es
nichts was zu klein oder zu unbedeutend wäre. Da gehört
der Hausspitz so gut mit herein wie der Spzttz und der
Rabe, die Schwalbe in der Luft, die Gänse auf der Wiese
und die Goldammer im Gebüsch, die Blume wie das Gras-
hälmchen, der Frosch wie die summende Biene. Und so
führt er uns unablässig und zwar in den Werken, in denen
er am selbständigsten ist, am meisten, diese selige Harmonie
vor. Es ist keine Wiederholung der Armut, wenn wir
diese Elemente immer wieder Enden: es ist der Einklang
der Natur, den zu schildern erimmer aufs neue unternimmt
und dem sich jedes Vx7esei1 fügen muß. Seine kleineren
Werke, besonders seine Aquarelle, sind daher wohl Genre-
bilder, aber nicht im gewöhnlichen Sinne des Wortes: sie
geben uns nicht nur eine alltägliche Szene wie sie sich so
zugetragen hat oder haben kann. Sie sind viel mehr. Sie
geben uns Szenen, die an das alltägliche Leben anknüpfen,
dieses aber mit der Reinheit seines eigenen liebenden
Herzens erfüllen und sie so umwandeln wie sie sein müßten,
wenn die Welt so gut wäre wie das Herz des Künstlers.
Welche Lust, welche Heiterkeit vereint er! Als typisch.
möchte ich das köstliche Aquarell Nr. 619 (Katalog der