ADRIAN LUDWIG RICHTER. 187
In dem ersten Jahre nach seiner Rückkehr nach Deutsch-
land war Richter von einer krankhaften Sehnsucht nach
Italien erfüllt: er malte nur italienische Landschaften und
war im Begriffe, eine Reise nach Italien anzutreten. Durch
eine schwere Krankheit seiner Frau wurde er daran ge-
hindert und ging statt dessen in das böhmische Mittel-
gebirge bei Teplitz. Er war von der Schönheit der
Gegend überrascht, er beobachtete das Leben und Treiben
der Menschen in der Gegend, er machte sich Skizzen und
fand hier die Anregung zu einem seiner bekanntesten Bilder
nDie Überfahrt am Schreckensteint: (S. 318i). Nun war der
Bann gebrochen: die deutsche Landschaft und das deutsche
Leben waren ihm aufgegangen, und ihnen ist er fürderhin
getreu geblieben. Immer lebendiger erwacht in ihm das
Verständnis für die nächste Umgebung, immer tiefer erfaßt
ihn die Gewalt der Liebe zur Heimat, zu dem eignen
Volke, zu dessen Dichtung und Sage.
Die praktische Vorbereitung für den Übergang zu dem
ihm eigentümlichen Genre fand er durchaus absichtslos im
Verkehre mit seinen Kindern: mit ihnen spielend zeichnete
er ihnen Bilder zu Geschichten und Märchen, Haus- und
Straßenereignisse. Es war das Vorspiel zu dem späteren
Werke nFürs Hausa (S. 3I4f.). Die wirkliche Ausführung
trat jedoch erst durch die Verbindung mit dem Verleger
Wigand ein. Für ihn unternahm er es, Zeichnungen zum
mnalerisclieii und romantischen Deutschlanda für den Stahl-
stich zu machen, und zwar die Sektionen nHarza, nFran-
kena und vRiesengebirgea. Die hierfür unternommenen
Reisen lieferten ihm nfül" das Skizzenbuch und für die
Erinnerung eine reiche Ausbeute von Bildern und Erleb-
nissen aus dem deutschen Volkslebena, die ihm später sehr
zu gute kamen. Diese Arbeit verschaffte ihm den neuen
Auftrag, Illustrationen zu dem berühmten Landprediger
von Wakefield zu entwerfen: diese sollten im Holzschnitt
ausgeführt werden.
Die Technik des Holzschnittes lag damals in Deutsch-
land sehr darnieder. Richter selbst war mit ihr ganz un-
bekannt: er mußte sie sich erst erklären lassen. Rasch
fand er sich in die Eigentümlichkeiten dieser Kunst, indem