Annmx LUDWIG RICHTER. I7;
Genre, die Landschaft als besonderer Gegenstand der Dar-
stellung ab, endlich sogar das Blumenstück, und selbst die
leblose Natur erscheint selbständig im Stillleben kurz,
es treten allmählich die sogenannten Facher der Malerei
auf: jedes führt nach dieser Differenzierung sein eigenes
Leben und erhält seine besondere Geschichte. Daß daneben
das ursprünglich im umfassendsten Sinne so zu nennende
Geschichtsbild, mag es religiösen oder weltlichen Charakter
tragen, dem intimen Interesse gegenüber, das diese Speziali-
täten dem Einzelleben entgegenbringen, in seiner Bedeutung
zurücktritt, begreift sich leicht. Damit wurden freilich der
Malerei die großen Ziele weggenommen : sie hört auf, Sache
einer Gesamtheit zu sein und wird Liebhaberei der Einzelnen;
sie wird Kabinetsktmst.
Mit dieser Entwickelung, welche dem immer reicher sich
gestaltenden, immer weitere Kreise in die Interessen der
höheren geistigen Bildung hereinziehenden Wachstum eines
Volkes entspricht und daher mit Notwendigkeit sich voll-
zieht, wo ein solcher in naturgemaßer Weise stattfindet,
geht eine zweite Hand in Hand. je mehr die ästhetische
Seite der Kunst in den Vordergrund tritt, um so mehr
ergiebt sich für die Schatfenden das Bedürfnis, die Errungen-
schaft der Vorfahren sich rasch und sicher zu eigen zu
machen, um auf ihren Schultern weiter zu bauen. Das soll
in den Akademien geschehen, wo bald zum Behufe des
Unterrichtes die Eigenarten der Künstler in bestimmte
Formeln gebracht werden, die leicht gelehrt oder gelernt
werden können. So verdienstlich das Bestreben ist, so ge-
fährlich ist die Ausführung. Gar leicht wird nur die Formel
gelehrt oder gelernt, die Sache aber, um deretwillen sie
betrieben wird, verfällt der Vergessenheit: die lebendige
Kunst, die Kunst, welche aus dem Herzensbedürfnis des
Einzelnen als natürliche Sprache hervorwächst und die
Natur selbst zur Sprache des Herzens, des persönlichen
Empfindens umgestaltet, erstirbt, und es bleibt jene nach
der technischen Seite hin vortreffliche, nach der Seite des
geistigen und des seelischen Lebens hin öde und unselb-
ständige Kunstübting übrig, die man als die akademische
bezeichnet. Sie war im vorigen Jahrhundert die herrschende