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verletzte freilich, zwar nicht seine katholische, wohl aber
seine religiöse Überzeugung; es verletzte jedoch auch seine
künstlerischen Anschauungen, und der Ankauf des Bildes
zeigte ihm, daß eine Richtung die Oberhand gewinne, mit
der er nicht paktieren könne, ohne sich selbst aufzugeben.
Es war die Düsseldorfer Schule, welche dem Geschmacke
des großen Publikums mehr zusagte und welche ihn mit
seiner Überzeugung von einer höheren Bestimmung der
Kunst bei Seite schob.
Die Führer der neudeutschen Schule, Cornelius, Over-
beck, Veit, waren, so verschiedenartig sie sich auch je
nach ihrer Individualität entwickelten, doch gemeinschaft-
lich von derselben großsinnigen Anschauung über die er-
habene Aufgabe der Kunst erfüllt. Sie soll, wie Passavant
1820, in der Zeit der Vollkraft und der Blüte der neuen
Richtung, gleichsam ihr Programm verkündend und ge-
wiß nur die im täglichen Verkehre der Freunde stets
wiederholten Ansichten wiedergebend, sich ausdrückt f,
vnicht zum bloßen Spielwerk und dem Kitzel für die Sinne
mehr angewendet werden; nicht blos zur Ergetzung und
Prachtliebe geehrter Fürsten oder schätzenswerter Privat-
personen: sondern hauptsächlich zur Verherrlichung eines
öffentlichen Lebens. Soll dieses würdig geschehen, so muß
ein ernster hoher Sinn aus dem Kunstwerke sprechen,
auf daß er den besseren Teil des Volkes ergreife und ihn
bestärke in den Gesinnungen, welche, außer dem Kreise
des Privatlebens, ein allgemeines volkstümliches Interesse
erregenct. Der höchste Gegenstand dieses volkstümlichen
Interresses war für diese drei Künstler in übereinstimmen-
der Weise die eine große weltumgestaltende Thatsache des
Christentums, die in ihrer Bedeutsamkeit darzustellen ihnen
als die eigentliche Aufgabe der Kunst erschien. Hierzu
bedurfte es einer besonderen Sprache, welche sich die
Künstler schufen, indem sie zwar am Modelle studierten,
I Ansichten über die bildenden Künste und Darstellung des Ganges
derselben in Toscana; zur Bestimmung des Gesichtspunktes, aus welchem
die neudeutsche Malerschule zu betrachten ist. Von einem Deutschen
Künstler in Rom U. D. Passavant]. Heidelberg und Speien 1820. S. 78 ff.