I 58 PHILIPP VEIT.
niüdliche Sorgfalt thun lassen, mit welcher Veit seine Kompo-
sitionen durchdachte und immer neu gestaltete, bis sie
seinen Absichten entsprachen. Noch während die Fresken
entstanden, wurden sie ein Gegenstand der Bewunderung.
Der Spott hörte auf, die jungen Künstler hatten die Be-
rechtigung ihrer Richtung erwiesen, der Ausgangspunkt
der neuen deutschen Kunst war gefunden. Daß dieser
Ausgangspunkt in der monumentalen kirchlichen Kunst
liegt,entspricht dem Gange der Kunstentwickelting überhaupt;
daß die Kunst nicht bei diesem Ausgangspunkte stehen
blieb, sondern die neugewonnenen Keime nach verschiedenen
Richtungen hin weiter fortbildete und dadurch sich mehr
und mehr von dem Ausgangspunkte loslöste, ist jedoch
nicht weniger in dem allgemeinen Gange der Kunstenttvicke-
lung begründet, und es wäre ebenso einseitig, diesen Fort-
gang zu verwerfen, wie es andererseits ungerecht wäre,
nicht begreifen zu wollen, daß jene Künstler, welche zuerst
den neuen Weg einschlugen, auf ihrer Richtung verharrten
und in ihr alles Heil beschlossen wähnten. Die Kunst geht
ihren Weg, unabhängig von solchen individuellen Meinungen,
die YVissenschaft aber sucht jede Richtung in ihrer Art zu
verstehen und den Grad ihrer Berechtigung festzustellen.
Neue Aufträge konnten nun nicht ausbleiben. Auf
die Empfehlung Canovas hin erhielt Veit die Aufgabe, im
Mnsvo Cbizzramonti im Vatikan ein Fresko zu schaffen,
welches die von Pius VII. veranlaßte Wiedereinweihung
des Kollosseums zur Kulturstätte verherrlichen sollte.
Mitten in dem Kollosseuni selbst, dessen Sitzreihen noch
mit dem wild wuchernden Gebüsche bewachsen sind, sitzt
die triumphierende nReligiona, eine schöne Frauengestalt,
die in der Rechten einen Krug, in der Linken eine Palme
halt. Auf ihrer rechten Seite kniet ein Pilger, welcher den
Portriitkopf des Priesters Noirlien, des Freundes des Künst-
lers, zeigt. Er deutet auf eine Schrifttafel, die ein hinter
ihm stehender Engel hält. Zur Linken der Religion steht ein
zweiter Engel, der eine Tafel mit den Worten Pius VII
P. M. Arenrmz F]. V Marfir. I7icl0ria daran-z 1'. c. hält.
Gerate weisen auf die Hinrichtung der Märtyrer; links
zeigt sich eine der neu errichteten Altarstationen.