PHILIPP
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die den Beginn einer nationalen deutschen Kunst in ent-
schiedenster Weise verkündeten. In Overbeck und Cornelius
waren die beiden Richtungen vertreten, aus Welchen die
nationale Kunst sich entwickelte und welche das in ihr
herrschende romantische Element bekundeten: die religiöse
und die volkstümliche Seite, Kirche und Rittertum, diese
beiden Säulen des Mittelalters. Im Vereine mit anderen
Genossen entfalteten nun diese beiden ein reges Treiben.
Overbeck hatte seine Wohnung in dem verlassenen Kloster
S. Isidoro aufgeschlagen. Andere waren dorthin gefolgt,
und alle studierten und schufen einträchtiglich. Im Refek-
torium wurde nach dem Akte gezeichnet, und einer diente
dem andern als Modell. Jeder einzelne in seiner Zelle
aber schuf seine Gestalten ohne lebendes Vorbild, damit
die Freiheit der Auffassung, die Unmittelbarkeit der Schö-
pfung nicht geschädigt würde, in schroffem Gegensatz zu
der sonst herrschenden Methode und in souveräner Ver-
achtung jener Kompositionsmittel, wie sie in Gestalt von
Gliedermannern, von W'achs- und Thonfigürchen in Be-
lettchttuagskasten durch die Akademiker angewendet wurden.
Dazu trieb sie ihr religiöser Sinn, sich ihre Vorbilder in
jener Zeit zu suchen, in welcher die Malerei noch Gottes-
dienst war, wie bei Fiesole, und in dem Wahne, die Aus-
drucksform hänge mit der Gesinnungsart als notwendige
Folge zusammen, verschmähten sie die durch die Blüte der
Renaissancekunst gewonnenen technischen Mittel und be-
schränkten sich vielmehr auf die Ausdrucksweise der vor-
rafftielischen Zeit. Dazu mag noch gekommen sein, daß
die streng religiöse Auffassung alle sinnlichen Reize ver-
schmäht, ja eigentlich verwirft. Nun kann aber die Kunst
nur durch das Mittel der Sinne wirken. So blieb nichts
anderes übrig, falls man den Pinsel nicht ganz wegwerfen
wollte, als einen Kompromiß zu machen, kraft dessen
gleichsam nur das Allernotwendigste seinen Ausdruck
findet, alles Vermeidbare aber unterdrückt wird. Man mußte
die Zeichnung dem Kolorit vorziehen, die Zeichnung selbst
aber in scharfen Konturen führen, mit möglichster Unter-
drückung alles auf malerische Wirkung Hinzielenden. nDa
die Pinselstriche nur notwendige Übel und Mittel zum