D112
111mm
YVERKEN HELLENLSCHER PLASTIK.
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leiter der Mittel unserMitgefühl zu erwecken sich aufbaut,
und wir dürfen um so mehr annehmen, daß auch bei den
unversehrtem Gruppen das Bestreben, eine Mitemplindting
des Schmerzes in dem Beschauer zu erregen, als bewußte
Absicht von dem Künstler verfolgt wurde, als gerade
diese Seite in der Ausführung mit einem bedeutenden Ge-
schicke behandelt ist. War aber diese Absicht die der
Erregung einer tragischen Empfindung, so entspricht ihr
die Wirkung nicht in vollem Maße. Wer in die Schlacht
zieht, zumal als Angreifer, giebt seinen Anspruch auf Be-
rechtigung zum Leben auf. Fällt er, so erfüllt sich das im
voraus als möglich gekannte Geschick, und nur ganz be-
sondere Nebenumstände könnten dieses Geschick zu einem
tragischen machen. Vielmehr hat gerade der Schlachtentod
etwas Versöhnendes, da der Verteidiger seines Rechtes
und dafür hält sich schießlich jeder Kämpfer im
Dienste eines höheren Zweckes, eines Ideales steht. Diesem
gegenüber hat aber das Individuum keinen Wert. Indem
es sich selbst aufgiebt und dem Untergange aussetzt, ordnet
es sich dem Allgemeinen unter, und eine einseitige, nur
subjektiv berechtigte Betonung seiner Eigenart wird un-
möglich. Damit ist jedoch gerade das Element ausge-
schlossen, welches das Tragische begründet. Es bleibt somit
nur das allgemeinmenschliche Mitleid übrig, das nur durch
die besondere Art des Unterganges etwas dem individuellen
Interesse Ähnliches gewinnen kann, ohne dieses selbst zu
erreichen. Wir stehen also auf einer Vorstufe des Tragischen,
und zwar einer solchen, auf welcher die Darstellung des
körperlichen Leidens zum Zwecke der Erregung des Mit-
leids nicht nur beibehalten, sondern sogarin hervorragendem
Maße und als hatiptsiichliches Mittel benutzt wird.
Anders verhält es sich mit den beiden Werken, welche
gleichfalls der pergamenischen Kunst entstammen, dem
sterbenden Gallier auf dem Kapitole und der Galliergrupjwc
in Villa Ludovisi. Ist die Voraussetzung ebenso richtig
wie sie wahrscheinlich ist, daß nämlich jedes dieser beiden
Werke eine Einzelschöpftmg ist, so tritt die Absicht des
Künstlers, tragisch zu wirken, nicht wie bei jenen großen
Gruppen nur als Einzelmoment innerhalb einer im großen