106 DIE TRAGIK m WERKEN HELLENISCHER PLASTIK.
Um so erfreulicher aber ist die Empfindung, welche sich
beim Aufhören des Schmerzes einstellt, so daß sich die
Erlangung des ursprünglichen Zustandes der Schmerzlosig-
keit, welcher vorher als selbständige Empfindung nicht
zum Bewußtsein gekommen war, jetzt als positive Empfin-
dung eines Wonnegefühls benierklich macht, als solche
jedoch wieder aufhört und in dem Gesamtbewußtsein unter-
geht, sobald der Zustand der Schmerzlosigkeit zum dauern-
den wird. Die einfachsten Beispiele bieten die alltäglichen
Funktionen des Körpers: jede Befreiung von einem vom
Unbehagen bis zum Schmerze sich steigernden Drange
erregt ein dem Grade nach dem Drange selbst ent-
sprechendes Wonnegefühl, das sich allmählich verliert, da
der neugewonnene Zustand bald in Folge seiner Dauer
nicht mehr in seiner Besonderheit empfunden wird. So
geht die Empfindung allmählich in den Zustand der
Gleichgiltigkeit über, kommt gleichsam auf dem Nullpunkt
der Emphndungslosigkeit an, der auf die Dauer schwer
zu ertragen ist und dessen Gleichförmigkeit eine Unter-
brechung wünschenswert macht. Selbstverständlich geht
der Wunsch nach der Richtung, daß die ersehnte Empfin-
dung ein Wohlgefühl ist. Diese tritt dann ein, wenn
eine Steigerung der Empfindung stattfindet. Geschieht
diese Steigerung von dem Nullpunkte aus aufwärts durch
Hervorrufung eines neu hinzukommenden Wonnegefühls,
so tritt als Schlußempfindung ein Zurücksinken auf den ur-
sprünglichen Zustand ein: auf die erhöhte Empfindung folgt
eine Ermattung, wie es nach jeder Steigerung des körper-
lichen Wohlempfindens über den gewöhnlichen Grad des
nicht mehr als besonderes Gefühl zum Bewußtsein kommen-
den Empfindungsztistandes hinaus thatsächlich der Fall
ist. Geschieht aber die Steigerung so, daß sie von einem
Punkte unterhalb des Nullpunktes der Empfindung begon-
nen wird, daß sie also in der Wiedererlangung des ur-
sprünglichen Zustandes besteht, so macht sich diese
Wiedererlangung als Wonnegefühl geltend, und die
Schlußenipßndung des ganzen Vorganges ist nicht die
der Erniattung, sondern die der Erhöhung, die eines
positiven Wohlgefühls. Will man ein solches Wohlge-