Volltext: Über Kunst, Künstler und Kunstwerke

DIE Tmexx m WERKEN HELLENISCHER PLASTIK. 103 
 
heftigen Stoß unverwundet niedergestürzten Gallier in 
Venedig  der sich gerade noch auf die rechte Hand 
stützt und mit der allein freibleibenden Linken den tödlichen 
Streich des siegreichen Gegners schwerlich wird abwehren 
können. Aber auch die beiden anderen Gallier (4 und 5) 
lassen das Überwältigende des Augenblicks, das Über- 
raschende des Angriffes und den Ausgang des Kampfes 
deutlich genug erkennen. Das ganze Entsetzen malt sich 
aber in der Haltung des zusammengeduckten Pergameners 
 besonders in seinem von Sorge verzerrten Gesichte, 
das uns den bereits über ihm schwebenden Todesstreich 
mitfühlen läßt. Von einem solchen rasch wirkenden 
Streiche getroffen, der die rüstige Gestalt in heftigem Sturze 
niederwarf, liegen der Gigant  der griechiSche Perga- 
mener (9) und die Amazone (7) gleich gefällten Bäumen 
da, alle drei die eine Seite im Tode streckend, das Bein 
der andern Seite wie im letzten Zucken des Lebens an- 
ziehend, eine Ähnlichkeit des Motives, die sich bei der 
großen Zahl der Figuren um so leichter begreift, als diese 
drei Gestalten in drei verschiedene Gruppen gehören. 
Und bei allen dreien liegt der dem angezogenen Beine 
entsprechende Arm über dem Kopfe, das Plötzliche des 
Falles und des Todes trefldich kennzeichnend. Während 
aber bei der Amazone und besonders bei dem Jüngling 
der Kopf sich wie schlafend etwas zurSeite neigt und dadurch 
leise das versöhnende Element des Friedens andeutet, ist 
der Kopf des Giganten schroff nach hinten gefallen, sodaß 
der Charakter trotziger Wildheit auch über den Tod 
hinaus andauert. Neben diesen erschütternden Motiven 
macht sich in dem sterbenden Gallier (8) ein milderer 
Zug geltend: der Kampf hat ganz aufgehört, der zum 
Tode Verwundete ist sich selbst überlassen und verblutet, 
langsam dahinsterbend, dem Ziele zu, das der Perser (I0) 
schon erreicht hat, der zusammensinkend wie zu friedlichem 
Schlafe sich auf die Seite neigt. Tiefes Mitleid wird 
rege, und Rührung ist die Empfindung, die als Ziel des 
Künstlers, als Resultat seiner Schöpfung sich kundgiebt. 
Noch deutlicher treten uns diese Wirkungen, Er- 
schütterung und Mitleid, in den beiden anderen Werken
	        
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