der Töpferscheibe entstanden sind. Auch die ornamentale Betonung
des Endigens und der Säumung tritt schon im geometrischen
Dekorationsstil überall zu Tage. Bandartige Verzierungen zeigen
die strengste Rhythmik, nie findet sich ein Zickzack, ein Mäander
oder eine Spirale unregelmässig unterbrochen. Die Flächenver-
zierungen weisen entweder die centrale, von einem Punkte aus-
gehende, oder die symmetrische, zu beiden Seiten einer Geraden
sich gleichmässig ausbreitende Anordnung auf. Kurz, man könnte
glauben, diese ganze Dekorationskunst hätte sich von einem Punkte
aus über die Erde verbreitet, wenn nicht reifere Überlegung sie
uns als das natürliche Ergebnis des den Menschen angebornen
oder auch anerzogenen Sinnes fiir Ordnung und Regelmässigkeit
bezeichnen würde. Sehen wir doch den in diesen Dingen naivsten
Vater seinem Kinde als erste Griifelübung einen Zickzack
verzeichnen und Unregelmässigkeiten in der Nachbildung desselben
gewissenhaft korrigieren!
Stellen wir nun diesen geometrischen Formen die Pflanzen-
ornamentik gegenüber, so macht sich sofort eine gänzliche Ver-
schiedenheit in der Formgebung geltend. Analogien würden in
den Kunstdenkmälern der sich autochthon entwickelnden Völker
vergebens gesucht werden.
Das Pflanzenornament erscheint einerseits als ein phantastisches,
an seine Herkunft wenig mehr erinnerndes Gebilde, anderseits als
die Umbildung der natürlichen Form in ein einfaches, fest in sich
abgeschlossenes Schema. (Die getreue Nachbildung der Pflanze
nach der Natur mit all ihren Zufälligkeiten und all dem belebten
Spiel ihrer Formen wird erst in unserer Zeit bethätigt; dem
ganzen Altertum war sie fremd.)
Die gesetzlos entstandenen Formen lassen wir ausser Acht,
da sie nur bei Völkern mit mangelndem monumentalen Sinne
auftreten und in ihrer der Willkür anheimgegebenen Bildung einer
höhern Entwicklung unfähig sind.
Die Darstellung der Naturformen in einfach klarer Weise mit
Beachtung der den Kunstgebilden unerlässlichen Symmetrie und
PTOPOItiQn verdanken wir in erster Linie den alten Ägyptern, aus
deren einfachen Schematen sich die gesamte, heutzutage noch geübte
Ornamentik entwickelte. Als Motive ersahen sie sich die dem