Volltext: Das erste Jahr des Zeichenunterrichts (Bd. 1)

Die 
Anfange 
des 
Pflanzenornaments. 
Die gesamte Dekorationskunst lässt sich in 2 Gruppen scheiden: 
in eine, die geometrische Gebilde zur Darstellung bringt, und in 
eine andere, welche die Formen der Pflanze und mit dieser die 
des Menschen und des Tieres sich als Vorbild wählt. Zur Bildung 
der ersteren Gruppe besitzt jedermann die nötige Fähigkeit, während 
zu derjenigen der letzteren eine Künstlerhand erforderlich ist; wie 
nun einzelne Menschen ungleiche, künstlerische Begabung zeigen, 
so verschiedenartig sind darin auch die einzelnen Völker, und wir 
finden heute noch Volksstämme, die sich kaum über die Dar- 
stellung geometrischer Formen erheben konnten, während andere 
denselben bald eine untergeordnete Stelle anwiesen und durch 
Nachahmung von Gebilden der lebenden Natur eine bedeutende 
Kunstentwicklung hervorriefen.  
Uberblicken wir die erste Gruppe, zu der wir späterhin im 
gebundenen Zeichnen wieder zurückkehren, in ihrer Erscheinung 
bei den verschiedenen Völkern, so zeigt sich nicht bloss in der 
Form der Motive, sondern auch in der Art ihrer Zusammenstellung 
eine so merkwürdige Übereinstimmung, dass ein rasches Urteil 
die Spontaneität des geometrischen Stils an den verschiedenen 
Orten in Zweifel ziehen könnte. Überall treifen wir eine sorgfältige 
Anordnung der einzelnen Dekorationsteile und nirgends, auch nicht 
bei den primitivsten Völkersehaften, ein gedankenloses Grewirre 
von einzelnen oder zusammenhängenden Strichen. Man glaubte 
z. B. die horizontal umlaufenden Ringe auf den Thongefassen als 
ein natürliches, dem Gebrauch der Töpferscheibe entspringendes 
Ergebnis ansehen zu müssen, nun ündet sich diese Verzierung 
aber schon auf den meisten Gefassen, die vor dem Bekanntwerden
	        
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