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gedichtet; Ferrante Carlo und Dulcini, von denen wir weiter
unten sprechen werden, und Melchiorre Zoppio, der durch seine
"universale Kenntniss aller Wissenschaften und Künsten als
Professor der Philosophie an der Universität glänzte, der Gründer
der Accademia de' Gelati, den Malvasia geradezu wdivinoi- nennt,
und für den Agostino mehrere Blätter gestochen hat. Auch"
Künstler gehörten zu diesem Kreise, in dem zur grössten
Langeweile Annibalels über Kunst und Kunstwerke gespro-
chen, auch manche heitere und lustige Unterhaltung gepllogen
wurde, wie denn die Caracci selbst Freunde maassvollen Scher-
zes waren. In der Kunst aber hat sie niemals der tiefe Ernst
verlassen, der sie auf die neue Bahn geführt. Es heisst, dass
Lodovico oft Essen und Trinken über der Arbeit vergessen habe.
Geheirathet hat Keiner von ihnen, um ihrer grossen Aufgabe
durch kein anderes Interesse entzogen zu werden. Die Kunst
war, wie Annibale sich ausdrückte, ihre Braut und Herrin.
Sehr bezeichnend sind die Worte, mit denen Sandrart
seinen Bericht über die Caracci heschliesst. Alle drei Caracci,
sagt derselbe, haben in der Kunst zwar glückliche, in der zeit-
lichen Güter Wohlfahrt aber ganz schlechte Erfolge gehabt, so
dass sie ohne Ergötzlichkeit ihr Leben enden mussten; und zwar
ahnten sie nicht einmal, dass ihr tugendsamer Name bei der
Nachwelt Nachklang von Lob, Ruhm und Ehre haben würde,
womit sie jedoch billig, zu ihrem unendlichen Preise, nach
ihrem Tode gekrönet werden sollen.
ANNIBALE CARACCI
an
Lonovxco CARACCI.
Parma,
18. April
1 580.
Ich komme mit diesem meinen Briefe, Sie zu begrüssen
und Ew. Herrl. mitzutheilen, wie ich gestern um die siebzehnte
Stunde in Parma angelangt bin. lch stieg daselbst in dem
Wirthshause zum Hahn ab, wo ich mit wenigen Quattrincn und
vielem Vergnügen zu bleiben gedenke, und ohne alle Verpflich-
tung und Zwang, indem ich nicht hierher gegangen bin, um
mich in Ceremonien zu ergehen und allerhand Rücksichten zu