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venezianischen Schule; von den Lombarden solle man die treiT-
liche Färbung entlehnen; von Michel Angelo die Kühnheit;
von Tizian die Naturwahrheit; von Correggio dem Lieblings-
meister der Caracci den reinen und edlen Styl; e di un Rafael
la giusta simmetria, das wahre Maass, die Wohlgemessenheit, die
Harmonie. Von Tibaldi (Pellegrino de" Tibaldi, vergl. S. 13) das
Dekorum und die Gründlichkeit; die Erfindung von Primaticcio
und ein Wenig von der Grazie des Parmigianino.
Was in einem solchen Eklekticismus Falsches liegt, haben
wir schon oben nachgewiesen. Man kann sich aber nicht der
Ueberzeugung entziehen, dass darin für die damalige Zeit eine
Nothwendigkeit lag. Ueberdies war die Anwendung dieser Grund-
sätze keine schematische; ein Zwang zu besonderem Styl und be-
sondererAufiassung fand nicht statt. Jeder konnte seiner Neigung
und seinen natürlichen Anlagen folgen. Daher die Vielseitigkeit,
die sich bald in dieser Schule zeigte. Es konnte sich Jeder seinen
eigenen Styl bilden, jedem Styl aber sollte die Natur und die
Prüfung der Meister der Blüthezeit zu Grunde liegen. Zu dieser
verständigen Einrichtung der Akademie kam noch die Liebe
hinzu, mit der dieselbe geleitet, mit der die Schüler behandelt
wurden. So geschah es denn, dass die besten Zöglinge der an-
deren Meister sich zu den Caracci wendeten: die oft verhöhnte
Richtung gelangte zu grosser Ehre, die Einsichtigen unter den
anderen Meistern erkannten die Treiflichkeit derselben an; Fon-
tana bedauerte, zu alt zu sein, um noch ihr Schüler werden zu
können. Welch ein Erfolg jener geringen, aber von tiefsterUeber-
zeugungstreue getragenen Bestrebungen Lodovicdsl Die Ge-
schichte der italienischen Malerei im 17. Jahrhundert ist in der
Geschichte der bolognesischen Schule enthalten. Es versteht sich,
dass auch die äussere Stellung der Künstler eine glänzendere
wurde. Der Kreis ihres Umganges erweiterte sich, ihr Haus
wurde der Sammelplatz von Gelehrten und Dichtern, an denen
Bologna damals so reich war. Hier verkehrte Ulisse Aldovrando,
der Begründer der neueren Naturgeschichte, den man nicht mit
Unrecht den Plinius von Bologna genannt hat; der Astronom
und Geograph Antonio Magini; der gelehrte Archäolog Dempster,
der Verfasser der Etruria regalis; der schon erwähnte Lanzoni;
von Dichtern: Giambatista Marini, der eine neue, dem veräu-
derten Wesen der Zeit entsprechende Richtung in der Poesie
eingeschlagen; Claudio Achillini und Preti, die dieser Richtung
nachfolgten; Cesarino Rinaldi, dessen Porträt Agostillo gesto-
chen, und der auf des Freundes Tod ein vielbewundertßs Sonett