Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

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Der sehr gelehrte Girolamo Cardano von Mailand, Arzt, 
Philosoph und Mathematiker ersten Ranges stellt eine Verglei- 
chung der Malerei mit der Skulptur im siebzehnten Buche seines 
gelehrten Buches vde subtilitatea an und versucht dabei mit 
seinem reichen Geiste einen neuen Weg einzuschlagen, um zu 
entscheiden, welcher von beiden der Vorrang zuerkannt werden 
müsse. Er bedient sich dabei des Mittels der Vernunftschlüsse, 
um zu dem Resultate zu gelangen, dass diejenige die edlere und 
vorzüglichere Kunst sei, die, indem sie reicher an Erfindung 
und Feinheit sei, auch demjenigen, der zu ihrer Vollkommen- 
heit gelangen wolle, grössere Schwierigkeiten darbietet. 
Er entscheidet sich nun zu Gunsten der Malerei und Fol- 
gendes sind seine eigenen Worte: wDie Malereiß, sagt er, "ist 
die feinste aller mechanischen Künste, und ebenso auch die 
edelste. Denn was auch die Plastik oder die Skulptur unter- 
nehmen möge, stellt die Malerei in viel wunderharerer Weise 
dar: sie fügt die Schatten und Farben hinzu und verbindet sich 
mit der Optik, indem sie auch neue Erfindungen mit in Anwen- 
dung bringtl. Zu dieser Behauptung scheint ihn folgende Be- 
trachtung zu bewegen: vEs giebt drei Arten der Darstellung: 
erstens auf der Oberfläche und diese heisst die -Malerei; die 
zweite geschieht an schon vorhandenen Körpern, durch Gravi- 
ren oder Skulpiren; die dritte Art stellt die Körper selbst erst 
her und heisst Plastik. Es ist klar, dass von allen diesen die 
Malerei die schwierigste und folglich auch die edelste istu. Als 
Grund davon führt er an, dass ihrer Theile drei seien, Zeichnung, 
Schatten und Farbe; da sie nun aber gezwungen ist, auf einer 
ebenen Fläche Körper darzustellen, so bedarf sie dazu der Hülfe 
der Schatten und Zeichnungen, und aus diesem Grunde ist sie 
schwieriger als die andern Künste, die ihre Bilder an den Kör- 
pern selbst auszudrücken vermögen. 
Danach ist nun also, nach Cardano, die Malerei der Skulp- 
tur überlegen, weil sie bewunderungswürdiger und Sillllfeißhef 
ist. Dieser Ansicht würde ich sehr gern beistimmen, indem 
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