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ganz unzweifelhaft einer entgegengesetzten Richtung zuneigt.
uDIG ersten Thätigkeiten Urbanis VlIIw, sagt Ranke, vfielen in
die Zeiten der Opposition des päpstlichen Fürstenthums gegen
Spanien, der Herstellung eines katholischen Frankreich. Wir
finden, dass nun auch seine Neigung sich vorzugsweise diesen
Richtungen hingabc. Rein kirchliche Interessen sind UrbanVllI.
fremd; statt der Andachtsbücher sieht man wieder Poesien auf
dem Arbeitstische des Papstes; er selbst beschäftigt sich mit
der Dichtkunst im Sinne einer früheren Zeit, ohne ascetischen
Eifer, mehr der antiken Auffassung zugeneigt. Vor Allem aber
liegt ihm die weltliche Macht des Kirchenstaates am Herzen.
Das spanische Uebergewicht machtdie Ausdehnung der letz-
teren unmöglich; kein Wunder, dass Urban VIII. sich der fran-
zösischen Weltmacht, dem alten Rivalen Spaniens, zuwendete.
Damit waren zugleich die Ansprüche jener strengen und zelo-
tischen Auffassung der Kirche gebrochen, in der Spanien oft
weiter, als die Päpste selbst, gegangen war 1); denn in dem
grossen Kampfe, der damals auch die katholische Welt in Be-
wegung setzte, hat Frankreich immer die mildere und weniger
eifernde Auffassung der Kirche vertreten. Wenn man diese
Verhältnisse, in denen sich das innerste Leben der Zeit selbst
ausspricht, schon in kunstgeschichtlicher Beziehung beachtet
hätte, so würde man gefunden haben, dass auch die Kunst-
übung der Zeit jenem Umschwunge der leitenden und bestim-
menden Ideen in überraschender Weise nachfolgt. Nicht dass
die Akademiker plötzlich ihre Wirksamkeit verloren hatten
sie sind ihrer Parthei treu geblieben und noch lange in deren
Sinne thätig gewesen. Aber mit ihrer öffentlichen Geltung, mit
1) Als Papst Sixtus V. sich dem Könige Heinrich IV. von Frankreich
zuneigte, predigten die stets der spanischen Parthei ergebenen Jesuiten
gegen ihn, und Olivarez, orthodoxer als der Papst selbst, durfte demselben in
seiner eigenen Residenz Maassregeln im spanischen Interesse aufzwingen.