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Ideen aufgegeben, welche sie sich sonst angestrengt hatte, in
Gestalt zu bringen; nur die Aeusserlichkeiten der Methode wa-
ren ihr übrig. In dieser Lage der Dinge, als man sich von dem
Alterthum bereits entfernt hatte, seine Formen nicht mehr
nachahmte, seiner Wissenschaft entwachsen war: als zu-
gleich die altnationale Poesie und religiöse Vorstellungsweise
von Literatur und Kunst verschmäht ward; trat die neue Er-
hebung der Kirche ein:
ihrem WVillen oder wider
sie hemächtigte sich der Geister mit
denselben; sie brachte auch in allem
literarischen und künstlerischen Wesen eine durchgreifende
Veränderung hervora. Ich habe in dem ersten Theile der
Künstler-Briefe darauf hingewiesen, dass sich diese Verände-
rung und der dadurch herbeigeführte Bruch mit den Elementen
der klassischen Weltanschauung, die bis gegen die Mitte des
sechszehnten Jahrhunderts geherrscht hatte, zunächst an solchen
bekunden konnte, die ursprünglich dieser Welt- und Kunst-
anschauung angehörten, und habe als Beispiel hierfür den treff-
lichen Amrnanati angeführt, den ersten Gönner und Anhänger
der Jesuiten in Florenz, dem das Bewusstsein dieses Bruches die
letzten Lebensjahre in so trüber Weise verbitterte. Er ist einer
von denen, die wider ihren Willen in die neuen Bahnen hinein-
getrieben wurden. Wunderbar, dass dies gerade unter der Be-
gierung desjenigen Papstes geschah, der einem ähnlichen
Schicksal unterlegen ist. Gregor XIII. (1572-1585, die be-
treffenden Briefe Ammanatfs sind 1852 geschrieben), von Hause
aus ein heiterer und lebenslustiger Mann, mild und nachsichtig
in kirchlichen Dingen, ist ebenfalls durch die Jesuiten in die
strengere Anschauungsweise hineingetrieben; er wurde, wie
An1manati,'aus seiner früheren Stellung von der kirchlichen
Strömung hinweggerissen. Nun aber mussten diese neuen An-
sichten in der Kunst auch von solchen vertreten werden, die
von Anfang an den Einwirkungen dieses Geistes ausgesetzt wa-
ren, und als Beispiel dafür habe ich schon früher die Caracci