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so würden Sie sich also nach dem, was Sie mir zu verstehen
geben, eingebildet haben, dass ich Sie nicht mehr 1iebte1
Wenn ich nicht fürchten müsste, ehel- ein Buch als einen
Brief zu schreiben, so würde ich hier noch einige wichtige Dinge
hinzufügen, welche in der Malerei beobachtet werden müssen,
damit Sie eine noch klarere Ueberzeugung gewönnen, wie Sehr
ich mich bemühe, zu Ihrer Genugthuung mein Bestes zu leisten.
Denn obschon Sie sehr erfahren in allen Dingen sind, so fürchte
ich doch, dass Ihnen die Berührung mit so vielen dummen und
hirnlosen Menschen, von denen Sie umgeben sind, nicht endlich
Ihr Urtheil verderbe. Ich verbleibe in gewohnter Weise Ihr er-
gebenster Poussin.
N ICOLAS
Poussm
an
Herrn
DE CHANTELOU.
Rüma
December 1647.
Mein Herr! Sie wiederholen in Ihrem Briefe vom 8. No-
vember, was Sie mir in einem der vorhergehenden schrieben,
auf welchen ich vielleicht zu ausführlich und nutzloser Weise
geantwortet habe; denn ich sehe, dass Sie fest in Ihrer früheren
Ansicht verharren, ich hätte Herrn Pointel mit mehr Liebe und
Fleiss bedient, als Sie. Wäre ich nicht der Meinung gewesen,
dass Sie einsichtsvoller in der Malerei seien, als Jener, so würde
ich keine Mühe unterlassen haben, Sie mit dem, was die Italiener
useccatllfac oder vgequältes Wcsenr nennen, zufriedenzustellen.
Da ich indess im Gegentheil davon überzeugt war, dass Sie den
wahren und guten Grundsätzen der Kunst zugethan seien, so
bildete ich mir ein, Ihnen mit den Bildern einen Gefallen erwei-
sen zu können, die ich Ihnen geschickt und an denen ich ohne
Ausnahme mit so viel Sorgfalt und Liebe, als mir möglich waren,
gearbeitet habe. Jetzt befindet sich das letzte unter meinen
Händen, und ich werde darin mit grossem Fleisse alleS Das
beobachten, Was Sie so sehr in den Bildern, welche Andern