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stolz, schroff und zurückhaltend sind, und mit denselben nie
recht gut zusammen aushalten können. Michel Angele da Cara-
vaggio aber brachte der neuen Schule der Caracci einige Förde-
rung, denn nachdem er einmal so kühn mit seiner kräftigen
Manier hervorgetreten war, half er dazu, dass der gute Ge-
schmack zu Athem kam, und die Natürlichkeit, die damals
aus der Welt verbannt war, indem man sich in einer bloss idea-
len und phantastischen Malerweise verloren hatte, die ebenso
von aller Natur als von der Wahrheit entfernt war, deren ge-
treue Nachahmerin die Malerei sein soll. Allerdings hat er sei-
nen neuen Styl nicht mit jenen Reizen verschönert, wodurch ihn
die Caraccesken zur höchsten Vollendung gebracht haben, indem
sie ihn mit Anmuth und Schönheit erfüllten, in der Komposition
bereicherten, in allen Nebendingen verzierten, und in der gan-
zen Haltung bescheidener und maassvoller gestalteten. Dennoch
aber eröffnete er einen Weg, auf welchem man wieder zum An-
blick der Wahrheit gelangen konnte, welche so zu sagen seit
langen Jahren verloren gegangen warm
Was so in seinen ersten Gründen ganz gerechtfertigt war,
drohte indess, wie gesagt, in seiner Folge der ganzen Kunst
verderblich zu Werden. Den Tadel einiger Akademiker über die
zu grosse Natürlichkeit Caravaggids wird man an verschiedenen
Stellen der nachfolgenden Briefe und Erläuterungen hervorge-
hoben finden; Albani datirt den Verfall der Kunst geradezu von
Caravaggio, und ein anderer Zeitgenosse drückt dieselbe Ansicht
in folgenden Worten aus: "Jetzt machen sicha, sagt derselbe,
weine Menge junger Leute nach Caravaggids Beispiele daran,
einen Kopf nach der Natur zu kopiren; sie kümmern sich weder
darum, die Zeichnung gründlich zu studiren, noch um die Tiefe
und Bedeutsamkeit in der Kunst überhaupt, sondern begnügen
sich mit dem blossen Kolorit. Daher wissen sie denn allerdings
nicht einmal, zwei Figuren gehörig zusammenzustellen, noch
irgend einen Vorgang zu komponiren, indem sie von der Vor-