Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

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Allen eine klare Einsicht über die Erfordernisse des Gegen- 
standes und die Art hervorleuchtet, wie er dieselben grfillll; hat, 
so hat er auch über die Grenzen seiner pergönlichgn Begabung 
ein richtiges Bewusstsein gehabt; in dieser Beziehung ist insbe- 
sondere ein Brief an Chantelou wichtig, in welchem er bei Ge- 
legenheit der Absendung eines Madonnenbildes die Aeusserung 
thut: vIch bitte Sie nur, vor allen Dingen das Eine zu beachten, 
dass nicht Alles einem einzigen Menschen gegeben ist, und dass 
man in meinen Werken nichts suchen darf, was nicht in meinem 
Talente liegtu (Brief vom 27. Juni 1655). DaSS ein S0 klarer und 
"denkenden Künstler 1), der sich gern über die Malerei unter- 
hielt und der Feder mehr als es sonst Künstler zu sein püegen, 
mächtig war, auch seine Ansichten über die Theorie der Kunst 
niedergeschrieben, darf uns nicht wundern, vielinehr scheint 
dies eine nothwendige Konsequenz seiner ganzen Richtung zu 
sein. S0 finden sich denn auch in der 'l'hat in einigen der fol- 
genden Briefe theoretische Untersuchungen (Nr. 71. '74. 80) und 
Poussin selbst erzählt in einem Briefe vom 29. August 1650, dass 
er angefangen habe, "Beobachtungen über die Maler-ein nieder- 
zuschreiben. Da aber Leute, wie Herr de Charnbray, denselben 
Stoff behandelten, so glaube er, dass es besser wäre, seine Un- 
tersuchungen nicht ans Licht treten zu lassen. Zu diesen Auf- 
zeichnungen scheinen die Bemerkungen zu gehören, welche 
Bellori aus der Bibliothek des Kardinals Camillo Massimi mit- 
theilt, und von denen hier zum Schluss einige Proben angeführt 
werden mögen. 
vDie edle Manier (maniera magnifica) besteht aus vier Din- 
gen, dem Gegenstande oder dem Argumente, der Idee, der An- 
ordnung (struttura) uud dem Style. Das Erste, was gleichsam 
als Fundament für alles Andere erfordert wird, ist, dass der Ge- 
genstand oder Vorwurf gross sei, wie etwa Schlachten, heroische 
Thaten und Dinge, welche auf die Götter Bezug haben. Ist der 
Gegenstand nun aber, den der Maler behandeln will, an sich 
gross, so muss die erste Sorge sein, sich auch in der Behand- 
lung von allen Kleinlichkeiten, so weit es angeht, ferne zu 
l) „Er liess im Gespräch seinen scharf- und tiefsinnigen Geist reich- 
lich spüren", sagt Sandrart, nachdem er vorher bemerkt hat, dass vsßi" 
Genius ihn nicht zu den lebensgrossen Bildern in verschlossenen Orten, 
Sßndern mehr in die olfene Luft oder das weite Feld zu malen angetrieben", 
und dass er deshalb "aus der alten Welt ruhmwürdigen Historien, Poete" 
reien und darzu nothwendige AlTekten und Bewegungen durch zwei oder 
drei Spannen hohe Bilder vorzustellen sich bemühet" habe- 
16'"
	        
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